Arbeitgeber: Steigende Sozialausgaben gefährden Jobs
Liegen die Sozialleistungen bald bei mehr als einer Billion Euro? Die Arbeitgeber warnen jedenfalls vor zu hohen Sozialkosten. Dies gefährde Arbeitsplätze - trotz guter Konjunktur.
Berlin. Gut acht Wochen vor der Bundestagswahl haben die Arbeitgeber die künftige Regierung vor rapide steigenden Sozialabgaben zulasten von Arbeitsplätzen gewarnt. Leider wollten nahezu alle Parteien in ihren Wahlprogrammen die Sozialleistungen in der kommenden Legislaturperiode zum Teil deutlich ausweiten, unterstrich der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, am Mittwoch in Berlin. Damit drohe ein massiver Arbeitsplatzverlust.
Die Ausgaben für Sozialleistungen könnten nach Informationen des „Handelsblatts“ (Mittwoch) Ende kommender Legislaturperiode die Billionengrenze überschreiten und dann bei 1,1 Billionen Euro liegen. Im vergangenen Jahr wurden den Angaben zufolge 918 Milliarden Euro ausgegeben. Die Sozialausgaben stiegen gegenüber 2015 um 3,7 Prozent und damit etwas mehr als das Wirtschaftswachstum.
Diese Ausgaben machen 29,3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP/2015: 29,2) aus. Vor allem Leistungen in der Renten- und Krankenversicherung und für Pensionen würden die Sozialausgaben in die Höhe treiben. Der Sozialbericht 2017 soll am kommenden Mittwoch im Kabinett behandelt werden.
Kampeter, früher CDU-Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, plädierte für einen gesellschaftlichen Konsens, dass der Gesamtbeitragssatz für die vier zentralen Sozialversicherungen - Kranken- und Pflegeversicherung sowie Renten- und Arbeitslosenversicherung - die Obergrenze von 40 Prozent der Bruttoarbeitslöhne nicht übersteigen dürfe. Gut die Hälfte davon trägt der Arbeitnehmer, den Rest der Arbeitgeber.
Nach einer Studie des Prognos-Instituts gehen bei einem Anstieg der gesamten Sozialbeiträge um einen Prozentpunkt rund 90 000 Arbeitsplätze verloren. Nach diesen Berechnungen steigen die Beitragsätze in den zentralen Zweigen der Sozialversicherung ohne gesetzliche Eingriffe von heute insgesamt 39,95 Prozent bis 2040 auf 48,8 Prozent. Und mit gesetzlichen Eingriffen etwa bei der Rente könnten die Sozialbeiträge bis 2040 sogar auf 55,5 Prozent ansteigen.
Andererseits wies die Deutsche Rentenversicherung darauf hin, dass die wachsende Zahl an Zuwanderern vor allem aus EU-Ländern die Finanzlage der Sozialversicherung verbessere. Deshalb seien Renten- und Krankenkassenbeiträge trotz kostspieliger Reformen auf absehbare Zeit stabil, zitiert das „Handelsblatt“ (Mittwoch) Daten der Rentenversicherung. Um 1,7 Millionen Euro oder 53 Prozent ist demnach die Zahl der Sozialbeitragszahler mit einem ausländischen Pass zwischen 2008 und 2015 gestiegen.
Der CDU-Rentenexperte Peter Weiß sagte der Zeitung: „Ich würde mir wünschen, dass das in der aktuellen Debatte über Flüchtlinge und Zuwanderung mehr in den Vordergrund gerückt wird.“ Linken-Chef Bernd Riexinger hielt der BDA vor: „Alle Jahre wieder jammern die Arbeitgeber über angeblich zu hohe Sozialabgaben.“ Wer Sozialbeiträge bei einer festen Quote halten wolle, bürde die Aufwendungen für die demografische Entwicklung, den medizinischen Fortschritt und das konjunkturelle Risiko einseitig den Arbeitnehmern auf. (dpa)