Sicherheitskonzept Ein Graben soll bald den Deutschen Bundestag schützen

Berlin · Die Baukommission hat ein neues Sicherheitskonzept für das Reichstagsgebäude in Berlin vorgelegt. Mit den Arbeiten könnte es schon 2020 losgehen.

Zwei Bagger stehen auf dem Rasen vor dem Reichstagsgebäude. Schon 2020 kann dieses Bild ein Dauerzustand werden. Dann könnten die Bauarbeiten beginnen.

Foto: picture alliance/dpa/Monika Skolimowska

Wird der Reichstag zur Trutzburg? Igeln sich die Abgeordneten ein? Bekommt  die Kluft zum Volk ein Bauwerk? Schon jetzt gibt es viele flotte Sprüche über die jüngsten Pläne der Bundestagsverwaltung. Sie will an der Südseite des Reichstags einen zehn Meter breiten und zweieinhalb Meter tiefen Graben quer über den Platz der Republik ausheben. Parallel zur Front des Reichstags. Aus Sicherheitsgründen.

Das Projekt ist eine Idee der Baukommission des Bundestages, die sich seit längerem schon damit befasst, wie die Touristenströme rund um das Gebäude mit den Sicherheitserfordernissen in Einklang gebracht werden können. Geplant ist auf Beschluss des Ältestenrats im Bundestag von 2014 nun der Neubau eines Besucherzentrums als sicherheitskontrollierter Zugang für Besucher samt unterirdischem Gang in den Reichstag. Es soll rund 150 Millionen Euro kosten und etwas entfernt südlich der Scheidemannstraße im Tiergarten errichtet werden, außerhalb der Blickachsen. In diesem Zuge sollen dann auch die Außenanlagen neu gestaltet werden. Nächstes Jahr könnte es mit der Buddelei losgehen.

Der Graben schlägt mit 2,2 Millionen Euro zu Buche. Aus der Ferne, wo die meisten Erinnerungsfotos geschossen werden, wäre er nicht zu sehen. Auf der Reichstagsseite soll er steil aufsteigen, also nicht überwindbar sein, auf der öffentlichen Seite hingegen nur flach abfallen. Die Grundidee sei, maximale Sicherheit herzustellen, ohne den Blick auf das Gebäude und die Umgebung zu beeinträchtigen, heißt es in der Bundestagsverwaltung. Dies gelte besonders für die vielen Besucher der Reichstagskuppel.

Vorbild ist ein ähnlicher Graben vor dem Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten. Dass die Anlage mit Wasser gefüllt werden soll, wie kolportiert wird, ist ein Gerücht. Derartige Ideen waren dem Ältestenrat des Parlaments bei den Beratungen im vergangenen Jahr zwar ebenfalls vorgelegt worden, doch wurde schon deshalb darauf verzichtet, weil das Wasser im Winter hätte frieren können und die Sicherheit dann wieder dahin wäre. An den Seiten bleibt ein Zaun, damit es eine Zufahrtsmöglichkeit auf die Reichstagsrampe gibt. „Sonst hätten wir ja eine Zugbrücke gebraucht“, heißt es mit leichter Selbstironie in der Verwaltung.

Der Lageplan zu den baulichen Veränderungen rund um den Reichstag, der noch nicht der letzte Beschluss sein soll. Das Besucherzentrum befindet sich mit Draufsicht von vorn auf den Reichstag rechts der Scheidemannstraße. Von dort gelangen die Besucher durch einen Tunnel in den Berliner Reichstag (rechts oben in der Skizze), den schon bald an der Front ein Graben schützen soll. Die Sicht vom von der Reichstagswiese auf das Bauwerk ist dadurch uneingeschränkt.

Foto: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung/Markus Schietsch Architekten GmbH

„Hamburger Gitter“ riegeln Treppen zum Südportal ab

Eine kritische Diskussion gibt es in Berlin über das Vorhaben bisher nicht; den meisten Bürgern und Lokalmedien scheint jede Lösung besser zu sein als die gegenwärtige Situation. Die ist nämlich alles andere als ansehnlich.  Mit „Hamburger Gittern“ werden die Touristenmassen davon abgehalten, direkt auf die Treppen zum Südportal zu steigen, über dem die Inschrift „Dem deutschen Volke“ prangt. Die jährlich rund 1,7 Millionen Besucher des Gebäudes und der berühmten Foster-Kuppel werden in Containern registriert und dann über die Treppe und Sicherheitsschleusen ins Innere geführt. Diese Container verschandeln die Optik.

Weil der Platz der Republik Berlins Sightseeing-Magnet schlechthin ist, gleicht die 3,5 Hektar große Reichstagswiese nach einem trockenen Sommer zudem jedes Mal einer Wüste. Gerade erst wurde ein Bauzaun entfernt, der das gesamte Areal monatelang umspannt hatte, um das Gras wieder wachsen zu lassen. Freilich ist es nur eine Frage der Zeit, bis der alte Zustand wieder eintritt; eine Dauerlösung gibt es hierfür noch nicht. Der Friedrich-Ebert-Platz auf der Ostseite des Gebäudes, wo sich der Eingang für die Abgeordneten befindet, war bisher ebenfalls mit „Hamburger Gittern“ permanent abgeriegelt und konnte nur mit Hausausweisen betreten werden. Hier verlief früher die Mauer. Immerhin dürfen die Bürger seit diesem Sommer dort wieder spazieren. Aber nur in parlamentsfreien Zeiten.