Ost-West-Angleichung bis 2025 Bundestag verabschiedet weitere Verbesserungen für Rentner

Berlin (dpa) - Knapp vier Monate vor der Bundestagswahl hat die große Koalition noch drei wichtige Rentenreformen im Bundestag durchgebracht. Mit der Stärkung der Betriebsrenten will sie Geringverdiener besser vor Altersarmut schützen und diese Altersvorsorge kleinen und mittleren Unternehmen schmackhaft machen.

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35 Jahre nach der Wiedervereinigung soll endlich die Ost-Rente vollständig an die West-Rente angeglichen werden. Und schließlich werden die Leistungen für Menschen ausgebaut, die künftig eine Erwerbminderungsrente beziehen. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag die drei Reformen zum Teil mit großer Mehrheit.

Mit der Reform der BETRIEBSRENTEN will Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) die zweite der drei Rentensäulen - gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge - ausbauen. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen tun sich schwer, eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten. Künftig soll nun das Haftungsrisiko für die Unternehmen entfallen.

Arbeitgeberfinanzierte Betriebsrentenbeiträge für Geringverdiener sollen mit direkten Steuerzuschüssen gefördert werden. Bei Einkommen bis zu 2200 Euro brutto monatlich wird ein Arbeitgeberzuschuss von bis zu 480 Euro jährlich mit bis zu 144 Euro vom Fiskus bezuschusst.

Die Tarifpartner bekämen neben den bisherigen Modellen mit dem „Sozialpartnermodell“ die Möglichkeit, eine Zielrente zu vereinbaren. Auf Garantien und Mindestleistungen werde verzichtet. Denn diese seien bislang der Hemmschuh, der gerade kleine Unternehmen häufig davon abhalte, eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten.

In der Grundsicherung im Alter soll es erstmals Freibeträge von bis zu 200 Euro für Betriebs- oder Riester-Renten geben. Bei einer Entgeltumwandlung ist der Arbeitgeber verpflichtet, die ersparten Sozialversicherungsbeiträge an die Beschäftigten oder die Versorgungseinrichtungen weiterzuleiten.

Die Neuregelung gilt von 2019 an für neue und von 2022 an auch für alte Vereinbarungen. Die Reform ist zustimmungspflichtig. Der Bundesrat soll sich am 7. Juli damit befassen. Das Gesetz soll grundsätzlich 2018 in Kraft treten.

Bis 2025 sollen die OST- an die WEST-RENTEN vollkommen angeglichen werden. Dieser Angleichungsprozess soll in sieben Schritten erfolgen und 2018 beginnen. Parallel dazu wird die Bewertung der Löhne für die Rentenberechnung im Osten ebenfalls in sieben Schritten abgesenkt und Anfang 2025 entfallen. 2018 betragen die Mehrkosten für die Rentenkasse maximal bis zu 600 Millionen Euro, sie steigen bis auf maximal 3,9 Milliarden 2025. Sie werden vor allem aus Beitrags- und auch aus Steuermitteln finanziert. Widerstand gegen die Reform kam bis zuletzt von Ost-Ministerpräsidenten.

Wer aus Gesundheitsgründen gar nicht mehr oder nicht mehr voll arbeiten kann, soll bessergestellt werden. Aber nur diejenigen, die ab 2018 neu in eine ERWERBSMINDERUNGSRENTE gehen. Derzeit werden Betroffene bei der Rente so gestellt, als hätten sie bis zum 62. Lebensjahr weiter gearbeitet. Dies soll stufenweise bis 2024 auf 65 Jahre verlängert werden. Nach Abschluss der Anhebung profitieren davon alle Versicherten, die vor Erreichen ihres vollendeten 65. Lebensjahres eine Erwerbsminderungsrente beziehen müssen. Dem Gesetz stimmte auch die Opposition zu.

Linken-Chef Bernd Riexinger sagte der dpa: „Für die Alterssicherung der Bevölkerung bedeutet die dritte Regierung Merkel vier weitere verlorene Jahre.“ Nahles habe die Rente nicht armutsfest gemacht. „Im Gegenteil, Reformen wie die zur Betriebsrente verschlimmbessern die Situation, weil sie die gesetzliche Rente weiter schwächen und die Versicherten vollends der Willkür der Finanzmärkte unterwerfen.“

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, begrüßte, dass die Bundesregierung „verschiedene Schritte eingeleitet hat, damit Menschen im Alter eine anständige Rente bekommen“. Doch viele Geringverdiener, Erwerbsminderungsrentner oder Langzeitarbeitslose seien weiter armutsgefährdet, sagte Mascher der dpa.

Laut einer dpa vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken wurden 2016 viele Anträge auf eine Erwerbsminderungsrente abgelehnt. 150 752 von 355 572 erledigten Neuanträgen wurden abgelehnt. Die durchschnittliche Höhe bei Erwerbsminderungsrenten lag 2015 bei 672 Euro.