Durchbruch für Grün-Rot: Volk entscheidet über S 21

Stuttgart (dpa) - Grün-Rot hat seinen Stresstest bestanden. Nach wochenlangem Tauziehen haben sich die künftigen Partner auf eine Lösung bei Stuttgart 21 geeinigt. Das Volk soll das letzte Wort haben.

Erstmal soll aber am 12. Mai der erste grüne Ministerpräsident gewählt werden.

„Ich glaube, dass wir einen Rahmen gefunden haben, um das Land gut zu regieren“, sagte der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Allerdings bleiben den künftigen Partnern die Schwierigkeiten durch die gegensätzlichen Positionen zu Stuttgart 21 erhalten. Die Grünen sind strikt gegen den Umbau des Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation, die SPD ist für das Projekt. Grüne und SPD würden deshalb auch für die jeweils andere Sicht im Volksentscheid um Stimmen bei den Bürgern werben, kündigte SPD-Landeschef Nils Schmid an.

Beide Parteien befürworten nun - wie im Wahlkampf versprochen - eine Volksabstimmung über das Bahnvorhaben. Geplant ist ein Termin im Oktober. Kretschmann versicherte: „Wenn es ein Ergebnis gibt, dass zum Beispiel Stuttgart 21 gebaut werden soll, werden wir uns an so ein Ergebnis halten.“ Angesichts der hohen Hürden für einen Erfolg bei einem Volksentscheid hatten die Grünen zuletzt ein Plebiszit infrage gestellt.

Schmid sagte: „Wir wollen den gesellschaftlichen Konflikt um Stuttgart 21 endgültig beenden.“ Die Baden-Württemberger sollen nach seinen Worten nur über den Finanzierungsanteil des Landes an der Verlegung des Hauptbahnhofs unter die Erde entscheiden. Die geplante Neubaustrecke nach Ulm soll aus dem Volksentscheid ausgeklammert werden.

Grüne und SPD sind Kretschmann zufolge nicht bereit, eine eventuelle Kostensteigerung bei dem derzeit auf 4,1 Milliarden Euro taxierten Bahnprojekt mitzutragen. Sollte der Stresstest ergeben, dass kostspielige Nachbesserungen nötig sind, werde die neue Landesregierung kein neues Geld dafür geben, sagte der künftige Regierungschef.

Beide Seiten mussten für die Einigung Zugeständnisse machen. Kretschmann hatte noch am Dienstag erklärt, man müsse darüber reden, ob der Landtag neu über das Bahnprojekt beschließt, falls ein Volksentscheid an den hohen Hürden in der Landesverfassung scheitern sollte. Die SPD lehnte dies strikt ab. Die Sozialdemokraten kamen den Grünen entgegen, indem sie zustimmten, dass die Neubaustrecke beim Referendum außen vor gelassen wird.

Die beiden Verhandlungsführer betonten, das geplante Bündnis habe nicht am seidenen Faden gehangen. „Die Koalition stand nicht auf der Kippe“, versicherte Kretschmann.

Er und Schmid kündigten an, sich dafür einzusetzen, dass die Hürden für ein Plebiszit gesenkt werden. Darüber wollen sie mit den anderen Fraktionen im Landtag verhandeln. Für die dazu nötige Verfassungsänderung ist eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament erforderlich, wo die CDU noch immer die stärkste Fraktion stellt.

Ein Gesetzentwurf ist in der Volksabstimmung dann erfolgreich, wenn die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustimmt, mindestens aber ein Drittel aller Wahlberechtigten. Dies wären etwa 2,5 Millionen Bürger in Baden-Württemberg.