Ehe für alle: Nur wenige Paare wollen sich trauen lassen

Ab dem 1. Oktober können gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Standesämter erwarten bislang noch keinen großen Ansturm.

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Düsseldorf. Wenige Abstimmungen über Gesetze haben in den vergangenen Jahren so für Furore gesorgt wie das Votum über die Ehe für alle. Für die vielen Verfechter der Forderung war die Entscheidung im Juni nach jahrelangem Kampf eine Genugtuung. Am 1. Oktober tritt das Gesetz in Kraft. Doch wer vermutet, dass sich die Standesämter vor Hochzeitsanfragen kaum retten können, liegt falsch.

In Krefeld haben sich bisher 20 gleichgeschlechtliche Paare für eine Trauung angemeldet. „Wir hatten in den vergangenen Jahren immer knapp unter 20 Lebenspartnerschaften“, sagt ein Stadtsprecher. Damit liegen die aktuellen Anmeldezahlen etwas über dem Durchschnitt, ohne den Rahmen zu sprengen.

Auch in Düsseldorf gibt es nicht überdurchschnittlich viele Interessenten. 53 homosexuelle Paare haben sich beim Standesamt angemeldet — 30 wollen ihre eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln, 23 eine neue Ehe schließen. „Eine Warteliste musste nicht angelegt werden“, sagt Stadtsprecher Michael Bergmann.

Selbst in Köln, das für seine große Lesben- und Schwulenszene bekannt ist, werden die Standesämter nicht überrannt. „Es gab vor einigen Wochen die Überlegung, kurzfristig mehr Personal einzusetzen — das ist jedoch nicht notwendig“, sagt Nicole Trum. Wenn es am 2. Oktober in der Domstadt zur ersten gleichgeschlechtlichen Trauung kommt, wird diese also weder am Personalmangel noch an der Technik scheitern: „Das Programm funktioniert schon seit Wochen einwandfrei“, so die Sprecherin der Stadt.

Bisher mussten sich gleichgeschlechtliche Paare mit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft begnügen. Dieses Modell läuft mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes Ende September aus. Dementsprechend wenige Paare gingen in den letzten Wochen laut der Wuppertaler Standesbeamtin Diana Hennenberg diesen Weg: „Die Zahl geht gegen Null.“

Wer sich bereits in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft befindet, kann diese ohne großen bürokratischen Aufwand in eine Ehe umwandeln lassen. Es müssen lediglich die beiden Partner anwesend sein und alle notwendigen Dokumente vorliegen. Die Umwandlung kann entweder direkt am Schreibtisch des Standesbeamten erfolgen, oder mit einer erneuten Zeremonie begangen werden.

Neben dem Tag der Trauung wird bei der Umwandlung auf der Eheurkunde vermerkt, wann man die eingetragene Lebenspartnerschaft geschlossen hat. Denn an dieses Datum sind rückwirkend Rechte und Pflichten gebunden, die sich durch die Ehe ergeben. Das kann beispielsweise interessant werden, wenn sich ein Rechtsanspruch aus der Dauer einer Ehe ergibt (zum Beispiel Hinterbliebenenrente).

Kosten entstehen für die Umwandlung in Nordrhein-Westfalen nicht — dafür hat sich der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) eingesetzt. „Es kann nicht sein, dass Homosexuelle jahrelang diskriminiert wurden und dann noch eine Gebühr dafür bezahlen sollen“, sagt LSVD—Sprecher Markus Ulrich. In NRW und weiteren Bundesländern hat er dafür Gehör gefunden. Kosten fallen lediglich für Dokumente wie die Eheurkunde oder eine Zeremonie außerhalb des bearbeitenden Standesamtes an.

Doch warum bleibt die hohe Nachfrage nach Hochzeitsterminen aus, die man nach der Bundestagsabstimmung hätte erwarten können? Nicole Trum vermutet, dass viele Paare auf besseres Wetter warten. Der Wunsch nach einem geeigneten Datum sei stärker als eine schnelle Abwicklung. Markus Ulrich hat eine andere Erklärung: „Die Verwaltung hat es versäumt, die Beamten richtig zu informieren.“ Dadurch seien Fehlinformationen in Umlauf geraten wie etwa, dass Anmeldungen erst ab dem ersten Oktober möglich seien. „Das hat viele Paare verunsichert. Die warten jetzt erstmal ab, wie die Sache anläuft“, sagt Ulrich. Die Wuppertaler Standesbeamtin Diana Hennenberg betont, dass die Hochzeit für die meisten Paare keine Dringlichkeit habe.

Markus Ulrich weiß, dass die Entscheidung für die Ehe für alle hauptsächlich symbolischen Charakter hat. Wenige neue Rechte sind mit ihr verbunden. Ab dem 1. Oktober ist es den Ehepartnern erlaubt, ein gemeinsames Kind zu adoptieren. Bisher war dies nur im Zuge einer Sukzessivadoption möglich.

Das heißt: Ein Partner musste das Kind adoptieren, ehe der andere Partner seinerseits Verantwortung für das Kind übernehmen durfte. Was die Themen Unterhalt und Rentenanspruch angeht, sind eingetragene Lebenspartnerschaften seit 2005 rechtlich mit der Ehe heterosexueller Paare gleichgestellt.