Gabriel: Brexit kann Chance für Europa sein
Berlin (dpa) - Die SPD-Spitze fordert nach dem Brexit-Referendum einen Neustart für Europa. „Wenn darin etwas Gutes entstehen kann, dann, dass wir Europa verändern, damit es wieder mehr Zustimmung erhält“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel auf einer SPD-Konferenz in Berlin.
„Wir müssen Europa besser machen“, forderte der Vizekanzler. Davon hänge auch die Zukunft Deutschlands und seiner Arbeitsplätze ab.
Zusammen mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte Gabriel kurz nach dem Ja der Briten zum EU-Austritt bereits einen Zehn-Punkte-Plan für eine EU-Reform vorgelegt. Die Zukunft der Union solle nicht allein auf Brüsseler Gipfeln entschieden werden, forderten sie darin und plädierten für einen neuen Wachstumspakt.
Gabriel kritisierte den Plan für härtere Sparauflagen in den ärmeren Ländern. Die EU sei zunehmend in den ärmeren Süden und reicheren Norden gespalten. Die einen verstünden die Europäische Union als „Zwangsjacke“, die anderen müssten verstehen, dass wachsender Druck nichts bewirke. „Wir müssen anfangen, Europa zu entgiften“, forderte Gabriel.
Deutschland sei nicht nur der Lastesel, der immer zahle, sondern bekomme dank Exportbeziehungen viel mehr zurück als es investiere. Das funktioniere aber nur, wenn es den anderen Ländern auch gut gehe. „Wir müssen wieder einen demokratiekonformen Markt in Europa schaffen“, sagte Gabriel.
Der SPD-Chef sprach sich für eine „Verschlankung“ der EU aus. Eine Struktur, in der 27 Kommissare sich beweisen wollten, mache keinen Sinn, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Schulz betonte, die EU sei als eine Art Immunsystem gegen „die Dämonen des 20. Jahrhunderts“ wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus geschaffen worden. „Zerschlagen wir die Instrumente, mit denen wir die Dämonen bannen, dann setzen wir sie wieder frei“, warnte er.
Nach dem Brexit müssten die Konservativen nun dafür sorgen, dass Europa nicht gespalten werde, betonte Gabriel. Dem Motto der Briten „erst feilschen, dann versagen, jetzt klammern“ dürfe nicht nachgegeben werden. „Das Beste aus beiden Seiten herauspicken ohne Verantwortung für Europa zu übernehmen, das werden wir nicht mitmachen“, sagte er. „Würden wir das zulassen, wäre es eine Einladung an alle nationalen Egoisten in Europa, es genauso zu versuchen.“