Gauck fordert schnelle Integration

Berlin (dpa) - Bundespräsident Joachim Gauck hat eine zügige Integration von Flüchtlingen sofort nach ihrer Ankunft in Deutschland gefordert. Je früher Menschen die deutsche Sprache lernen und arbeiten könnten, desto besser.

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„Sonst riskieren wir, dass Frust und Langeweile in Gewalt und Kriminalität umschlagen oder politischer und religiöser Extremismus gedeihen“. Der Bundespräsident sprach bei einem Symposium im Schloss Bellevue zum Flüchtlingsthema. Alle, die in Deutschland eine Bleibeperspektive bekommen, müssten auf dem Weg in unsere Gesellschaft begleitet werden, sagte Gauck - „ganz gleich, wie wir zu der politischen Frage stehen, ob und wie der Zuzug begrenzt werden sollte“. Zuwendung bräuchten aber auch diejenigen, die nicht längerfristig bleiben dürften, keinen Aufenthaltstitel erhielten und früher oder später wieder gehen müssten.

Die Hilfsorganisation Pro Asyl unterstützte Gaucks Appell: „Es ist unerträglich, dass afghanische Flüchtlinge zwei Jahre und länger auf ihre Anerkennung warten und so lange von Integrationskursen ausgeschlossen sind“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt, der an der Veranstaltung im Schloss Bellevue teilnahm. Trotz einer Anerkennungsquote bei Afghanen von 77 Prozent 2015 verhindere dass Bundesinnenministerium damit die Integration.

Gauck sagte weiter, Integrationspolitik werde die Gesellschaft viel kosten - „viel Energie, viel Engagement, und wahrscheinlich auch viel Geld“. Integration könne nicht allein vom Staat gestaltet werden, gefordert seien Alteingesessene, Menschen aus Einwandererfamilien und Neuankömmlinge gleichermaßen. Insbesondere Einwandererfamilien könnten zu Brückenbauern werden.

Zur Integration gehöre auch, sich den Konflikten einer Einwanderungsgesellschaft zu stellen. „Migration, freiwillige ebenso wie erzwungene, bringt Spannungen hervor“, sagte Gauck. Oft spielten dabei Verlustängste eine Rolle: Die Neuankömmlinge fühlten sich fremd, fürchteten um ihre Lebensart. Einheimische hätten Sorge, dass sich ihre vertraute Umgebung verändere. Diese Verunsicherung dürfe nicht verschwiegen, sondern müsse friedlich ausgetragen werden. Nicht hinnehmbar sei aber, „dass einige zu Brandstiftern werden.“

„Konflikte sind kein Zeichen für gescheiterte Integration, ganz im Gegenteil!“, betonte Gauck. Niemand, der sich an die Spielregeln halte, dürfe von dieser Diskussion ausgeschlossen werden. Der Meinungsstreit ende aber dort, wo Gewalt ins Spiel komme und gegen Gesetze verstoßen werde. „Die Gesetze gelten für alle, die hier leben, ganz gleich, woher sie kommen und wie lange sie bei uns sind. Für kulturelle Eigenarten, die Gesetzen zuwiderlaufen, kann es keine mildernden Umstände geben.“

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker forderte in der Diskussion, Probleme der Integration offen zu benennen. Seit den Übergriffen auf Frauen in der Kölner Silvesternacht würden viel mehr Menschen ihre Ängste und Zweifel offenbaren. Überfordert sei Köln mit derzeit 12 500 Flüchtlingen aber nicht. „Davon kann eine Millionenstadt nicht in die Knie gehen“, sagte Reker.