Rede in Dresden Höcke löst mit Kritik an Holocaust-Gedenken Empörung aus
Dresden (dpa) - Mit seiner massiven Kritik am Holocaust-Gedenken hat der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Offensichtlich mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin, sagte Höcke auf einer Veranstaltung der Jungen Alternative am Dienstagabend in Dresden: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Höcke sprach von einer „dämlichen Bewältigungspolitik“ und forderte eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Bis jetzt sei der deutsche Gemütszustand der „eines total besiegten Volkes“.
Höcke wies „bösartige und bewusst verleumdende Interpretationen“ seiner Rede zurück. Er habe „den Holocaust, also den von Deutschen verübten Völkermord an den Juden, als Schande für unser Volk bezeichnet“. Er habe gesagt, „dass wir Deutsche diesem auch heute noch unfassbaren Verbrechen, also dieser Schuld und der damit verbundenen Schande mitten in Berlin, ein Denkmal gesetzt haben“.
Während AfD-Vize Alexander Gauland Höcke in Schutz nahm, äußerten andere AfD-Politiker deutliche Kritik. „Zum wiederholten Male drückt sich Björn Höcke sehr missverständlich aus, um es vorsichtig zu formulieren. Zum wiederholten Male rührt er dabei mit größter Ignoranz an einer 12-jährigen Geschichtsepoche, deren Revision wahrlich nicht die Aufgabe der AfD ist“, sagte Nordrhein-Westfalens AfD-Vorsitzender Marcus Pretzell in der „Bild“-Zeitung (Mittwoch). „Björn Höcke ist mit seinen Alleingängen und ständigen Querschüssen zu einer Belastung für die Partei geworden““, erklärte AfD-Chefin Frauke Petry in der Wochenzeitung „Junge Freiheit“.
AfD-Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel sagte: „Solche unsäglichen, rückwärtsgewandten Debatten sind überflüssig und kontraproduktiv. Herrn Höckes Alleingänge schaden der Akzeptanz der Partei bei den Bürgern.“
Höckes Auftritt löste parteiübergreifend Entrüstung aus. Die Fraktionschefs der Linken im Bundestag warfen Höcke Volksverhetzung vor. Sie würden deshalb gegen ihn Strafanzeige erstatten, kündigten Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch an. Ihr Parteifreund Diether Dehm stellte bereits eine entsprechende Anzeige. In Thüringen wurde die Entlassung Höckes als Beamter gefordert. Er ist als Lehrer für Geschichte und Sport derzeit beurlaubt.
Der Zentralrat der Juden nannte Höckes Worte „zutiefst empörend und völlig inakzeptabel“. Höcke trete das Andenken an die sechs Millionen Juden, die in der NS-Zeit ermordet wurden, mit Füßen. Mit seinen Worten relativiere der AfD-Politiker dieses schwerste und in dem Ausmaß einzigartige Menschheitsverbrechen, erklärte der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster.
Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) zeigte sich entsetzt: „Björn Höcke verachtet das Deutschland, auf das ich stolz bin. Nie, niemals dürfen wir die Demagogie eines Björn Höcke unwidersprochen lassen“, schrieb Gabriel in einer bei Facebook veröffentlichten Erklärung. SPD-Vize Ralf Stegner sprach auf dem Kurznachrichtendienst Twitter von einer „Hetz-Rede“. „Björn Höcke spricht die Sprache der NSDAP“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley der Deutschen Presse-Agentur.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber nannte Höckes Äußerungen eine „widerliche Entgleisung“. Sie zeige „einmal mehr: die blaubraune Truppe ist keine Alternative für Deutschland“, schrieb Tauber auf Twitter.
Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter bezeichnete die Rede Höckes als „unsäglich“. Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) nannte es bezeichnend, dass Höcke am Tag des NPD-Verbotsverfahrens versucht habe, die Achse des demokratischen Spektrums weiter nach rechts außen zu verschieben. Auch das politische Feld der AfD verschiebe sich dadurch deutlich nach rechts.
Höcke weilte auf Einladung der AfD-Jugend in Dresden. Die asyl- und ausländerfeindliche Pegida-Bewegung hatte Ordner gestellt. Vor dem Gebäude demonstrierten gut 200 Menschen gegen Höcke. In seiner Rede hatte er auch führende Politiker als „erbärmliche Apparatschiks“ bezeichnet. Die Regierung Merkel sei „zu einem Regime mutiert.“