Israel greift erstmals seit November wieder Ziele in Gaza an

Tel Aviv/Gaza/Ramallah (dpa) - Die israelische Luftwaffe hat erstmals seit der im November verkündeten Waffenruhe wieder einen Angriff auf den Gazastreifen geflogen.

Als Reaktion auf Raketenangriffe militanter Palästinenser seien in der Nacht zwei Terrorziele im nördlichen Gazastreifen angegriffen worden, teilte die israelische Armee am Mittwoch mit. Nach Angaben von Sanitätern und Augenzeugen gab es keine Verletzten. Auch am Mittwochmorgen schlugen wieder zwei aus dem Gazastreifen abgefeuerte Raketen in der israelischen Grenzstadt Sderot ein.

Eine Salafistengruppe im Gazastreifen bekannte sich am Mittwoch zu den jüngsten Raketenangriffen. Es handele sich um eine Reaktion auf „die israelischen Verbrechen“ gegen palästinensische Häftlinge. Ein palästinensischer Häftling war am Dienstag in einem israelischen Krankenhaus an Krebs gestorben. Die Palästinenser warfen Israel vor, seine medizinische Behandlung vernachlässigt zu haben.

Im Westjordanland kam es auch am Mittwoch zu gewalttätigen Protesten gegen den Tod des Mannes. In seiner Heimatstadt Hebron lieferten sich steinewerfende Palästinenser Zusammenstöße mit der israelischen Armee, in Ramallah und Nablus demonstrierten mehrere Dutzend Menschen.

Seit Dienstag waren mehrere Geschosse aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet abgefeuert worden. Es war der dritte Angriff militanter Palästinenser auf Israel seit November. Damals hatten sich Israel und die im Gazastreifen herrschende Hamas-Organisation nach tagelangem blutigen Schlagabtausch auf eine Waffenruhe geeinigt. Bei den achttägigen Kämpfen waren mehr als 160 Palästinenser und 6 Israelis getötet worden.

Israels Generalstabschef Benny Ganz betonte am Mittwoch, man werde es nicht dulden, dass die Situation im Süden Israels wieder so werde wie vor November. „Der Süden ist stark und stabil, alles ist unter Kontrolle“, sagte er nach Angaben der israelischen Nachrichtenseite „ynet“.

Eine israelische Obduktion bestätigte am Mittwoch, der seit 2002 inhaftierte Palästinenser sei an Krebs und nicht an Misshandlung gestorben. Nach Angaben des Soroka-Krankenhauses war er ein starker Raucher. Nach der Obduktion in Israel wurde der Leichnam des Mittsechzigers am Mittwoch an die Palästinenser übergeben. Im forensischen Institut in Abu Dis bei Jerusalem sollte er auch von palästinensischen Experten untersucht werden.

Ein israelisches Gericht hatte das ehemalige Mitglied der Palästinenserpolizei wegen versuchten Mords an Israelis zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach Darstellung israelischer Behörden sollte der Generalmajor wegen seines Gesundheitszustands freigelassen werden, er sei jedoch vorher gestorben.

Tausende palästinensischer Häftlinge sind aus Protest gegen den Tod des Mannes in einen dreitägigen Hungerstreik getreten. Rund 4600 Häftlinge verweigerten am Mittwoch ihre Mahlzeiten, wie die Sprecherin der israelischen Gefängnisbehörde, Sivan Weizman, bestätigte.

In der angespannten Situation reist US-Außenminister John Kerry am Wochenende zu neuen Vermittlungsbemühungen nach Israel. Dort wird er mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammentreffen, wie das State Department am Mittwoch mitteilte. Kerry war bereits vor zwei Wochen mit Präsident Barack Obama in Jerusalem und in Ramallah.