Deutscher Evangelischer Kirchentag Gottesdienst im Fußballtempel

Düsseldorf · Vor einem Jahr waren die Kirchen am Reformationstag voll wie nie. Derweil laufen in Dortmund die Vorbereitungen für den Kirchentag 1 nach dem Jubiläum.

Im Signal Iduna Park in Dortmund wird am Sonntag, 23. Juni, der Abschlussgottesdienst des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentags gefeiert. Foto: dpa

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Ein bisschen konnte die evangelische Kirche vor einem Jahr ihr Glück selbst nicht fassen. Gut, aus Anlass des 500. Jahrestages der Reformation war der 31. Oktober einmalig ein bundesweiter Feiertag. Aber dass nach der Lutherdekade und all dem Drehen und Überdrehen um das Jubiläumsjahr der eigentliche Reformationstag in den Kirchen im Land noch einmal ein solcher Publikumsmagnet werden würde, war von den wenigsten erwartet worden. „Das haben wir noch nie erlebt“, jubelte Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), noch zwei Wochen später auf der Synode.

Dass solche Freude an diesem Mittwoch neue Nahrung erhält, ist eher unwahrscheinlich. Zwar ist der Reformationstag in den ostdeutschen Bundesländern ständiger Feiertag und ab diesem Jahr kommt auch der Norden mit Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen dazu. Aber der Protestantismus in Deutschland ist längst wieder in den Normalmodus zurückgekehrt. Dennoch ist Stephan von Kolson sicher: „Der Reformationstag ist wieder präsent und was dahintersteht, auch.“

Einmalige Verbindung von EKD und Kirchentag

Von Kolson ist Pressesprecher des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Dortmund vom 19. bis 23. Juni 2019. Im vergangenen Jahr war die protestantische Laienbewegung für den Jubiläums-Kirchentag in Berlin und Wittenberg einmalig eine Verbindung mit der EKD eingegangen. „Gerade im Osten hat dabei die Zusammenarbeit unterschiedlichster Menschen aus der Gesellschaft mit der Kirche neue Bedeutung gewonnen“, sagt von Kolson. Aber in Dortmund wird der Kirchentag wieder unabhängig von der verfassten Kirche arbeiten.

Als kritisches Gegenüber zur Kirche und ihrer Haltung in der NS-Zeit war der Kirchentag 1949 gegründet worden. Darauf gründet sein gesellschaftspolitischer Anspruch. Politische Diskussionen sind daher ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Treffens. Im vergangenen Jahr in Berlin gab es viel Kritik, als auch eine Vertreterin der Gruppierung „Christen in der AfD“ auf ein Podium eingeladen wurde. Im September hat das Kirchentagspräsidium nun einen zwei Jahre alten Beschluss zum Umgang mit Rechtspopulismus aktualisiert. Danach wird es in Dortmund keine AfD-Vertreter auf Podien geben. In dem Beschluss heißt es weiter: „Eingeladen bleiben diejenigen, die sich in den gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Themen und Debatten nicht wiederzufinden meinen und deshalb AfD wählen oder mit der Partei sympathisieren.“

Auch dieser Beschluss trifft wieder auf Kritik. Das Präsidium begründet ihn mit Hinweis auf die Gründungsidee des Kirchentags als einem Forum der biblisch begründeten Widerstandskraft. „Es gibt mittlerweile in der AfD einen fließenden Übergang  zum Rechtsextremismus und Verbindungen zu verfassungsfeindlichen Netzwerken“, heißt es in der Stellungnahme zu dem Beschluss. „In Chemnitz sind AfD-Politiker offiziell bei den rechtsextremen Demonstrationen mitgelaufen“, sagt von Kolson.

„Was für ein Vertrauen“ ist dagegen die Losung des Kirchentags 2019. Welche Veranstaltungen sich daraus entwickeln, wird gerade festgelegt. Im März soll das Programm vorgestellt werden. Aber dass unter dem Stichwort Vertrauen unter anderem Themen wie die europäische Idee und ihre Gefährdung, Migration und Umwelt eine Rolle spielen werden, zeichnet sich schon jetzt ab.

Und in der Stadt des derzeitigen Bundesliga-Spitzenreiters Borussia Dortmund natürlich auch der Sport. BVB-Präsident Reinhard Rauball ist zugleich Mitglied des Kirchentagspräsidiums, der Investigativjournalist und Dortmunder Kirchentagspräsident Hans Leyendecker Inhaber einer Dauerkarte. Der Abschlussgottesdienst, das ist schon festgelegt, wird im Signal Iduna Park stattfinden, sonst eher ein Tempel der Fußballliturgie. Da das Stadion die erwarteten 100 000 Teilnehmer aber nicht alle fassen kann, wird derzeit an der Lösung einer Außenübertragung gearbeitet. Ähnliche Herausforderungen werden die Gottesdienste zum Reformationstag eher nicht haben.