Schwierige Regierungsbildung KoKo statt GroKo? SPD-Linke setzen auf „Große Kooperation“

Ideen zur Regierungsbildung, nächste Runde: SPD-Parteichef Schulz für punktuelle Vereinbarungen mit Union offen, statt komplett zusammenzugehen.

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Berlin. Auch wenn der jüngste SPD-Parteitag grünes Licht für „ergebnisoffene“ Gespräche mit der Union für eine künftige Regierungsbildung gegeben hat — eine große Koalition im herkömmlichen Sinne muss das am Ende noch lange nicht bedeuten. Bei der SPD-Linken übersetzt man Groko auch mit „Großer Kooperation“, manche Medien machen daraus eine „Kooperations-Koalition“ (Koko) - und Parteichef Martin Schulz taktiert offenbar mit einer solchen Option, bei der lediglich ein paar gemeinsame Projekte vereinbart werden könnten.

Schon kurz nach dem Aus der Jamaika-Verhandlungen hatte der SPD-Linke Ulrich Kelber ein Papier in Umlauf gebracht, in dem eine „Alterative“ zur Fortsetzung der bei vielen Genossen ungeliebten Koalition mit der Union skizziert wird. Mitregieren ja, aber nur ein bisschen und dafür mehr politische Eigenständigkeit. So lautete kurz gefasst Kelbers Stoßrichtung. Für das gleiche Prinzip trommelt jetzt auch der Sprecher der Parlamentarischen Linken, Matthias Miersch.

Unter „Großer Kooperation“ versteht Kelber eine Vereinbarung mit der Union in drei Feldern. Zum einen in Fragen der Zusammenarbeit in der Regierung, wobei dem Kabinett auch Minister der SPD angehören dürfen. Zum anderen bei der Beschlussfassung über den Haushalt. Und zum dritten in Angelegenheiten der Europäischen Union. Weitere Themen könnten vereinbart werden, „auch vorab in einem Kooperationsvertrag“, so Kelber. Zugleich seien die kooperierenden Parteien jedoch frei „sich andere Mehrheiten für andere politische Themen im Parlament zu suchen“. Dahinter steckt die Überlegung, dass sich für die Genossen so besser nach außen darstellen ließe, was sie politisch durchsetzen konnten. Viele Sozialdemokraten hatten darüber geklagt, dass in der großen Koalition nicht mehr erkennbar gewesen sei, wer eigentlich für was stehe.

Im Interesse einer stärkeren Profilierung seiner Partei setzt auch Miersch auf „Kooperation statt Koalition“. Er will etwa ein Dutzend Projekte fest verabreden. Allerdings legt er die Latte für die Union besonders hoch. So müsste zum Beispiel die schon in der letzten Koalitionsvereinbarung zugesagte, aber nicht verwirklichte „Solidarrente“ für langjährige Niedrigverdiener vorab beschlossen werden. Ebenso das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit, gegen das sich die Union noch kurz vor der Bundestagswahl quer gestellt hatte. „Martin Schulz zeigt sich offen für den Vorschlag eines Kooperationsmodells. Dieses Modell eignet sich aus meiner Sicht als Weg aus der komplizierten Situation und stärkt die Debatten im Parlament“, sagte Miersch unserer Redaktion.

In der SPD-Fraktionssitzung am Montag hatte Parteichef Schulz dem Vernehmen nach mit der Idee einer Vereinbarung über nur wenige gemeinsame Themen mit der Union tatsächlich sympathisiert. Aber dahinter steckt wohl auch das taktische Kalkül, solche Überlegungen im Spiel zu halten, um nicht als totaler Blockierer dazustehen, falls eine Neuauflage der großen Koalition scheitert. Der Ball läge dann wieder bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU), entweder eine punktuelle Zusammenarbeit mit den Genossen zu akzeptieren, oder eben doch auf Neuwahlen zu setzen. Eine Minderheitsregierung aus CDU und CSU, die sich nur auf gut ein Drittel der Abgeordneten im Bundestag stütze könnte, kommt für Merkel zumindest nach jetzigem Stand nicht in Betracht. Erstens, weil das keine stabile Regierung wäre, wie sie am Montag nach den Gremiensitzungen ihrer Partei erneut bekräftigt hatte. Und zweitens, weil eine Minderheitsregierung wohl irgendwann doch zu vorgezogenen Neuwahlen führen würde, für die Merkel dann kaum wieder als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen könnte. Besonders die jüngeren Parteipromis um Jens Spahn und Carsten Linnemann lauern längst auf einen Generationenwechsel.

An diesem Mittwochabend wollen sich Spitzenvertreter von SPD und Union zu einem ersten Gespräch über das weitere Vorgehen treffen. Dass sich dabei schon ein bestimmtes Regierungsmodell abzeichnet, ist allerdings nicht zu erwarten.