Kinderbetreuung Mehr Personal, weniger Gebühren: Was die Länder bei Kitas vorhaben
Berlin · Acht Monate nach Inkrafttreten des „Gute-Kita- Gesetzes“ stehen die Länder in den Startlöchern, um die Milliarden des Bundes für mehr Qualität in der Kinderbetreuung auch auszugeben.
Vielfach wollen sie in mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und längere Öffnungszeiten investieren oder neue Wege bei der Erzieherausbildung gehen. Mindestens 11 der 16 Länder wollen Elternbeiträge reduzieren oder - zumindest für bestimmte Jahre - ganz abschaffen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Allerdings ist bisher noch kein Geld geflossen, obwohl laut Gesetz schon in diesem Jahr 493 Millionen Euro bereitstehen. Denn das passiert erst, wenn alle 16 Länder eine individuelle Vereinbarung mit dem Bund geschlossen haben. Mit Bremen, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen und dem Saarland haben das bisher erst 5 getan. Mindestens 5 weitere Vertragsunterzeichnungen sind von Anfang August bis Anfang September geplant: In Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
„Die Verhandlungen mit den Bundesländern entwickeln sich insgesamt positiv“, erklärte ein Sprecher von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) auf dpa-Nachfrage. „Im Laufe des Jahres sollen alle Verträge geschlossen sein, wir erwarten ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zwischen Investitionen in Qualität und Gebührenentlastung.“ Ziele seien „beste Bildung“, mehr Chancengerechtigkeit und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Im Rahmen des „Gute-Kita-Gesetzes“ bekommen die Länder vom Bund rund 5,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022. Was haben sie damit vor?
BADEN-WÜRTTEMBERG erhält 729 Millionen Euro und will damit unter anderem 660 neue Erzieherstellen schaffen.
BAYERN bekommt 852 Millionen Euro und setzt mehr als die Hälfte davon zur Finanzierung eines Beitragszuschusses ein. Im Freistaat erhalten viele Eltern 100 Euro pro Monat für die gesamte Kindergartenzeit. Ab 2020 soll der Zuschuss auch an Eltern ein- und zweijähriger Kinder gezahlt werden.
BERLIN will den Bundeszuschuss von 300 Millionen Euro zum Beispiel für Verwaltungsassistenten einsetzen, die Kita-Leitungen unterstützen. Geld soll auch für die Fachberatung von Erziehern und Eltern sowie - als Ergänzung zur Schaffung weiterer Kita-Plätze - in den Ausbau der Kindertagespflege fließen.
BRANDENBURG plant Beitragsfreiheit für zusätzlich 43 000 Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen im letzten Jahr vor der Einschulung (bisher 25 000 Kinder). Dazu werden mit dem Bundeszuschuss von 165 Millionen Euro längere Betreuungszeiten, mehr Zeit für Anleitung von Erziehern und stärkere Elternbeteiligung etwa über Beiräte gefördert.
BREMEN hat im April als erstes Land mit dem Bund eine bessere Kita- Betreuung vereinbart. 45 Millionen Euro soll das kleinste Bundesland dafür bis 2022 bekommen. Es will das Geld etwa dafür einsetzen, die Betreuung von Kindern ab drei Jahren kostenfrei zu machen. Kitas in sozial benachteiligten Stadtteilen sollen besser ausgestattet werden.
HAMBURG bietet bereits kostenlose fünfstündige Kitabetreuung für alle Kinder von der Geburt bis zur Einschulung und kostenfreies Mittag an. Daher werden die Bundesmittel nicht für Beitragsfreiheit verwendet, sondern etwa für mehr Erzieher im Verhältnis zur Kinderzahl und zusätzliche Angebote zur Sprachförderung.
HESSEN legt den Schwerpunkt auf bessere Personalausstattung und Gewinnung von Fachkräften. Die sogenannte praxisorientierte Ausbildung soll ab 2020 ausgeweitet werden. Vor allem in der Fläche soll es solche Angebote geben, bei denen Azubis auch eine Vergütung erhalten.
MECKLENBURG-VORPOMMERN will seinen Anteil von 104,5 Millionen Euro für die komplette Beitragsfreiheit ab Januar 2020 einsetzen.
NIEDERSACHSEN will mehr als die Hälfte der 526 Millionen Euro vom Bund für mehr Personal, Azubi-Gewinnung, Entlastung und Fortbildung von Kita-Leitern einsetzen. Rund ein Zehntel des Geldes ist für die Erweiterung der Beitragsfreiheit gedacht.
NORDRHEIN-WESTFALEN bekommt mit 1,2 Milliarden Euro den größten Brocken ab. 200 Millionen werden für ein zweites beitragsfreies Kita-Jahr vor der Einschulung ab 2020/21 verwendet. Weitere 230 Millionen will das Land zum Beispiel für Sprachförderung, Familienzentren mit breiten Beratungsangeboten und flexiblere Öffnungszeiten ausgeben.
In RHEINLAND-PFALZ sollen „nahezu 100 Prozent“ der Mittel in Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung fließen. Ein Schwerpunkt ist mehr Personal. Schon seit 2010 ist die Kinderbetreuung beitragsfrei ab vollendetem 2. Lebensjahr. Ab 2020 gilt das auch für Krippenkinder. Jedoch werde nur ein geringer Teil der Bundesmittel dafür eingesetzt.
SACHSEN investiert nicht in Beitragsfreiheit, sondern in Qualität. So haben pädagogische Fachkräfte bereits seit Juni mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung. 269 Millionen Euro erhält der Freistaat vom Bund.
SACHSEN-ANHALT plant mit den 140 Millionen Euro vom Bund eine Fachkräfteoffensive, will zudem 200 zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen. Für Azubis an privaten Fachschulen soll kein Schulgeld mehr fällig werden. Die Hälfte des Geldes fließt in die Ausweitung Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder im Hort.
SCHLESWIG-HOLSTEIN will Elternbeiträge deckeln und einen besseren Betreuungsschlüssel: Ab 2020 sollen in jeder Kita-Regelgruppe zwei pädagogische Fachkräfte in der direkten Arbeit mit Kindern tätig sein. Die Beitragsfreiheit sei ein „langfristiges Ziel“, heißt es in Kiel.
THÜRINGEN hat sich ein besseres Betreuungsverhältnis für 4- bis 5-Jährige zum Ziel gesetzt: Ein Betreuer soll sich also um weniger Kinder kümmern. Mit Hilfe der 136,5 Millionen Euro vom Bund ist zudem ein Modellprojekt für praxisorientierte Erzieher-Ausbildung geplant. Nach dem letzten wird auch das vorletzte Kita-Jahr kostenlos.
Das SAARLAND plant gut zwei Drittel der 65 Millionen Euro, die der Bund überweist, für die Halbierung der Elternbeiträge bis 2022 ein. Hinzu kommen Investitionen in mehr Personal und den Ausbau des Angebotes an Kita-Plätzen.