Kriminalforum der Gewerkschaft der Polizei Polizei: Kritik am Umgang der Justiz mit Tätern aus Nordafrika
Polizisten halten Strafverfolgung für zu lasch. Das mache Deutschland für Kriminelle attraktiv.
Düsseldorf. In Deutschland hat sich ein Zwei-Klassen-System von Flüchtlingen entwickelt, dass die Polizei noch lange beschäftigen wird. Das ist die Meinung des niedersächsischen Kriminalitätsexperten Professor Christian Pfeiffer, die er beim Kriminalforum der Gewerkschaft der Polizei (GdP) am Donnerstag in Düsseldorf vorgestellt hat. „Das Ergebnis davon haben wir in der Silvesternacht in Köln gesehen“, sagt Pfeiffer. „Hochaggressiv, frustriert, sauer — so verhalten sich Menschen, denen man die Perspektive genommen hat.“
Da sind die Flüchtlinge erster Klasse, aus Syrien oder dem Irak etwa. Oder anders gesagt; Die mit einer Bleibeperspektive. Und dann gibt es die anderen. Menschen aus Afghanistan zum Beispiel, aus Osteuropa oder aus Nordafrika. „Dieses Problem haben wir selbst geschaffen“, sagt Pfeiffer. Erst seien die Menschen mit offenen Armen reingeholt worden, um ihnen dann zusagen: „April, April, ihr müsst wieder gehen.“ Menschlich seien Syrer und Nordafrikaner gleich gut oder schlecht. „Es ist die Perspektivlosigkeit, die Kriminalität produziert“, sagt der Wissenschaftler.
Jürgen Tölle, Kommissariatsleiter in Münster, hat sich intensiv mit nordafrikanischen Straftätern beschäftigt. Für ihn sind sie die Verlierer der arabischen Revolution. Auch in ihren Heimatländern lebten sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt. In Deutschland haben sie keine Perspektive, die meisten von ihnen gingen von ihrer baldigen Abschiebung aus, sagt Tölle. „Und sie haben eine eigene Einschätzung davon, was eigentlich mit ihnen passieren müsste“, sagt er. Aus ihren Heimatländern seien sie einen robusteren Umgang gewöhnt. Ein Umstand, der sich daran zeige, dass sie es kaum glauben könnten, wenn sie wenige Stunden nach der Festnahme wieder auf freien Fuß gesetzt würden. „Wir werden dann ganz misstrauisch angeguckt, weil sie das für einen besonders perfiden Trick halten“, sagt Tölle.
Die aus ihrer Sicht folgenlose Reaktion des Staates auf Strafdelikte führe zu einem Nachzug der Szene aus den jeweiligen Ländern. Mit dem Zuwachs an Asylsuchenden im vergangenen Jahr hätte das jedoch kaum etwas zu tun, betont Tölle. „Diese Gruppen sind teilweise seit mehreren Jahren hier aktiv.“
Die gefühlte Sicherheitslage hat sich in Deutschland spätestens nach der Silvesternacht geändert. Die Kriminalitätsstatistik spricht eine andere Sprache. Umfragen in der Bevölkerung, ob die Kriminalität in den letzten zehn Jahren gestiegen oder gesunken sei, zeichneten ein düsteres Bild, sagt Christian Pfeiffer. „Dabei ist die Gesamtkriminalität um acht Prozent zurückgegangen — in einer Zeit, in der sich der Anteil der Migranten deutlich erhöht hat.“ Dennoch, oder gerade trotzdem, fordert Pfeiffer die flächendeckende Videoüberwachung von Flüchtlingsheimen. „Sie sind besonders gefährdete Orte, genauso, wie es etwa Synagogen oder Moscheen sind“, sagt er.
So hat es im vergangenen Jahr 241 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte in NRW gegeben. Bis Februar seien 50 dazu gekommen. Aufgeklärt wurden rund 20 Prozent der Fälle. „Ich habe Angst, dass wir in den nächsten Jahren wieder Terrorangriffe auf Migranten wie in den 90er Jahren erleben“, sagt Pfeiffer.
Der massive Anstieg der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte bereitet auch Arnold Plickert große Sorgen. „Wir haben uns zu lange an den Gedanken gewöhnt, Angriffe auf Flüchtlinge wären ein Problem anderer Bundesländer, dabei gibt es auch in NRW längst Brandanschläge auf Flüchtlingseinrichtungen, sagt der Vorsitzende der GdP in Nordrhein-Westfalen.