Reaktionen auf Trumps Einreiseverbote
Mehr als 130.000 Deutsche sind von Trumps Einreiseverbot betroffen. Der ERlass des US-Präsidenten löst einhellige Kritik der Politik aus. Ausnahme: die AfD. Schauspielerin Tabatabai: "Es reißt Familien auseinander".
Berlin. Die Mitteilung der Berliner US-Botschaft ist harsch: Bürger der sieben islamischen Länder, für die ein zunächst dreimonatiges Einreiseverbot besteht, bräuchten erst gar nicht mehr vorbei zu kommen, selbst nicht mit Termin, steht auf der Website. Auch deutsche Doppelstaatler nicht. "Sie werden keinen Eintritt in die Botschaft erhalten". Über 100.000 Deutsche sind potentiell betroffen, darunter Prominente wie die Schauspielerin Jasmin Tabatabai oder der Schriftsteller Navid Kermani, der sogar als möglicher Bundespräsident im Gespräch war. In Berlin ist man empört.
Nach Angaben des Innenministeriums stellen die Deutsch-Iraner mit 80.000 die größte Gruppe der Betroffenen, gefolgt von Deutsch-Irakern (30.000) und Deutsch-Syrern (25.000). Die Zahlen stammen aus 2011, aktuellere gibt es nicht. Einige meldeten sich am Montag zu Wort.
So der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, der auch die syrische Staatsangehörigkeit hat. Die könne er nicht abgeben, weil Syrien Bürger nicht daraus entlasse, erklärte Mazyek. "Ich bin in Aachen geboren, deutsche Mutter, syrischer Vater, aber die Anmeldung in Syrien durch den Vater reicht für alle Zeiten aus." Mazyek zeigte sich überzeugt, dass das Vorgehen Trumps auch Zustimmung in Deutschland finde und forderte: "Kehren wir vor unseren eigenen Haustür". Wie zum Beweis meldete sich AfD-Bundesvize Alexander Gauland zu Wort: "Trump macht es richtig, er macht es uns vor".
Der Grünen-Politiker Omid Nouripour, Deutsch-Iraner, hingegen sagte, der Erlass sei Wasser auf die Mühlen des "Islamischen Staates", der behaupte, der Westen wolle die Muslime nicht. Und die deutsch-iranische Schauspielerin Jasmin Tabatabai, die zahlreiche Familienangehörige in den USA und aus ihrer ersten Ehe sogar eine 14jährige Tochter mit amerikanischer Staatsbürgerschaft hat, nannte Trumps Dekret "unmenschlich und ungerecht". Tabatabai: "Es reißt Familien auseinander".
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Einreiseverbote bereits am Sonntag kritisiert. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz warf Trump vor, er laufe "mit der Abrissbirne durch unsere Grundwerteordnung". FDP-Chef Christian Lindner sagte, der US-Präsident trete "die Grundwerte seines Landes mit Füßen".
SPD-Vize Ralf Stegner verglich die Abschottung gar mit Nordkorea. Am Montag sah sich auch CSU-Chef Horst Seehofer genötigt, deutlicher auf Distanz zu gehen. "Ich halte diese Entscheidung, es gibt ein paar andere auch, nicht für richtig", sagte der bayerische Ministerpräsident. Am Wochenende noch hatte Seehofer sich allgemein über das Tempo Trumps begeistert gezeigt, ohne aber einzelne Beschlüsse zu bewerten.
Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Jürgen Hardt (CDU), kritisierte die Einreiseverbote zwar ebenfalls, warnte aber davor, aus Berlin zu massiv auf Trump zu reagieren. Dies sei "genau das, was seine Anhänger und er möchten, dass er als Präsident Amerikas von außen Druck erfährt, dem er entsprechend entschlossen standhält". Wichtiger seien der inneramerikanische Protest, unter anderem aus dem Senat, oder richterliche Entscheidungen in den USA.
Angela Merkel, die am Sonnabend mit Trump einen ersten telefonischen Kontakt hatte, will dessen Einladung zum Besuch in Washington annehmen, teilte Regierungssprecher Seibert am Montag mit. Allerdings müsse ein solches Treffen sorgsam vorbereitet werden; einen Termin könne er daher nicht nennen. In der Welt der Diplomatie bedeutet das: Keine Eile.