Seehofer-CSU holt absolute Mehrheit - FDP raus

München (dpa) - Steilvorlage für die Union, Schock für die FDP, Schlappe für die SPD: Eine Woche vor der Bundestagswahl hat die CSU von Ministerpräsident Horst Seehofer die absolute Mehrheit im bayerischen Landtag zurückerobert.

Die Christsozialen kamen bei der Bayern-Wahl am Sonntag nach Hochrechnungen auf knapp 50 Prozent - ein starkes Signal Richtung Berlin, wo Schwarz-Gelb am 22. September bestätigt werden will. „Wir sind wieder da“, jubelte Seehofer. Allerdings verpasste die seit fünf Jahren in München mitregierende FDP nach einem dramatischen Absturz den Wiedereinzug ins Parlament.

SPD, Grüne und Freie Wähler schafften es gemeinsam bei weitem nicht, die CSU zu gefährden. Insbesondere der SPD mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der Rot-Grün im Bund anstrebt, verschaffte das erneut schwache Abschneiden in Bayern mit etwas mehr als 20 Prozent keinerlei Rückenwind. Steinbrück schrieb die Wahl dennoch nicht ab: „Wir werden auf der hohen Umdrehungszahl von 8500 Umdrehungen - das ist längst der rote Bereich - auch die letzten Tage bis zur Bundestagswahl bestreiten.“

Nächsten Sonntag will die Union Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine dritte Amtszeit sichern - gemeinsam mit der FDP, deren Einzug ins Parlament aber auch hier auf der Kippe steht. Die Liberalen buhlten deswegen schon am Wahlabend offen um Leihstimmen von CDU und CSU.

FDP-Chef Philipp Rösler warnte: „Wenn Schwarz-Gelb keine Mehrheit bekommen sollte auf Bundesebene, dann ist nicht der erste Weg der Weg in eine große Koalition“ - dann werde die SPD von Sigmar Gabriel Merkel mit der Drohung von Rot-Rot-Grün erpressen. „Und das dürfen wir in Deutschland niemals zulassen.“ CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe lehnte eine Zweitstimmenkampagne zugunsten der schwächelnden FDP indes ab. „Die Zweitstimme ist die Merkel-Stimme.“

In Bayern holte Seehofers CSU laut Hochrechnungen von ARD (21.00 Uhr) und ZDF (20.00 Uhr) 48,7 bis 48,9 Prozent. Sie legte nach ihrem historischen Absturz vor fünf Jahren (43,4) um gut fünf Punkte zu. Gleichwohl ist es das zweitschlechteste Abschneiden der CSU in Bayern seit 47 Jahren. Die im Freistaat seit gut fünf Jahrzehnten oppositionelle SPD mit Spitzenkandidat Christian Ude kam auf 20,5 bis 20,6 Prozent - ihr drittschlechtestes Ergebnis in Bayern seit 1946. Sie lag nur rund zwei Punkte über ihrem schwächsten Resultat von 2008 (18,6).

Die 2008 nach 14 Jahren Pause in den Landtag zurückgekehrte FDP sackte von 8,0 Prozent dramatisch auf 3,1 Prozent ab und flog damit wieder aus dem Parlament. Die Liberalen konnten damit ihre jüngste Erfolgsserie in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nicht fortsetzen. Die Grünen verloren mit 8,4 bis 8,6 Prozent (2008: 9,4) etwa einen Punkt. Die Freien Wähler (FW) mussten nach ihrer ersten Legislaturperiode in einem Landesparlament Einbußen hinnehmen (2008: 10,2), sind aber mit 8,5 Prozent weiter vertreten. Linke und Piratenpartei verpassen den Sprung ins Parlament deutlich. Die eurokritische Alternative für Deutschland, die im Bund antritt, nahm an der Wahl nicht teil.

Die Sitzverteilung sieht nach Hochrechnungen so aus: CSU 101 (2008: 92 Mandate), SPD 43 (39), Grüne 18 (19), Freie Wähler 18 (21). Durch Überhang- und Ausgleichsmandate sind noch leichte Verschiebungen der Mehrheitsverhältnisse möglich. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 64 Prozent und damit deutlich höher als 2008 (57,9). Wahlberechtigt im größten deutschen Flächenland waren rund 9,5 Millionen Menschen - etwa 15 Prozent der deutschen Wahlbevölkerung.

Seehofer (64) sprach von einem historischen Erfolg. Das Ergebnis der Landtagswahl 2008 sei damit vergessen. „Die CSU lebt als Volkspartei.“ SPD-Spitzenkandidat Christian Ude (65), der langjährige populäre Münchner Oberbürgermeister, sprach von einer „Trendwende“ für die Sozialdemokraten. Die CSU habe die Wahl gewonnen, aber für die SPD gelte: „Es geht wieder aufwärts.“

Die CDU wertete die absolute CSU-Mehrheit als Rückenwind für die Bundestagswahl. „Das bringt für uns den notwendigen Schwung, die letzte Woche nochmal alles zu geben“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Michael Grosse-Brömer. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles meinte: „Wir sind die einzige Oppositionspartei, die dazugewonnen hat.“ Laut Steinbrück hat die SPD seit Wochen „einen exzellenten Lauf“. Grünen-Chefin Claudia Roth kündigte an, ihre Partei wolle sich nun im Endspurt auf Kernthemen wie Energiewende und Steuergerechtigkeit konzentrieren.

Nach einer ersten Analyse der Forschungsgruppe Wahlen lässt das Ergebnis in Bayern kaum Rückschlüsse auf die Bundestagswahl in einer Woche zu. Fast drei Viertel der Befragten hielten das Resultat für überwiegend landespolitisch geprägt, teilte das Institut mit. Als Gründe für das starke Abschneiden der CSU nannten sie ein hohes Ansehen der Partei, einen starken Ministerpräsidenten und ein ausgezeichnetes Image der wirtschaftlichen Lage Bayerns.

Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren war die CSU von 60,7 Prozent (2003) um 17 Punkte auf nur noch 43,4 Prozent abgestürzt. Erstmals seit Jahrzehnten war sie auf einen Koalitionspartner angewiesen. Der nur ein Jahr lang amtierende Ministerpräsident Günther Beckstein musste damals ebenso gehen wie Erwin Huber als Parteichef, Seehofer wurde als eine Art Retter aus Berlin geholt und übernahm beide Ämter.

Seehofer - jetzt erstmals hauptverantwortlich für das Abschneiden der CSU bei einer Landtagswahl - setzte im Wahlkampf voll auf die Bayern-Karte. Die Verwandtenaffäre im Münchner Landtag, die vor allem CSU-Politiker betraf, schadete dem Ergebnis offenkundig nicht. Trotz der bevorstehenden Bundestagswahl fiel Seehofer mit Querschüssen gegen Schwarz-Gelb in Berlin und Kanzlerin Merkel auf.

Seine Forderung nach einer Pkw-Maut für Ausländer wiederholte Seehofer auch am Sonntag - das Wahlergebnis sei ein Auftrag. „Wir werden die Pkw-Maut nicht aufgeben, sondern durchsetzen.“ Merkel, die Festlegungen zu dem Thema lange vermied, hatte jüngst erklärt, mit ihr werde es die Maut nicht geben. Zuvor hatte Seehofer gedroht, ohne Umsetzung dieses Ziels werde sich seine Partei nicht an einer Koalition in Berlin beteiligen.