Steuerbetrüger im Visier: Fahnder werten Offshore-Daten aus
London/Berlin (dpa) - Die USA, Großbritannien, Deutschland und Australien holen zum großen Schlag gegen Steuerbetrüger aus. Die Behörden dieser Länder werten die riesige Menge von 400 Gigabyte Daten zu Steueroasen weltweit aus.
Das Datenpaket war vor Wochen einem globalen Journalisten-Netzwerk zugespielt worden, bisher aber nicht an Behörden weitergeleitet worden.
Auch das Bundesfinanzministerium erhält Zugriff auf die sogenannten Offshore-Leaks-Dateien mit Angaben über weltweite Geldtransfers in Steuerparadiese. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (Samstag). Den deutschen Behörden sei zugesagt worden, einen Großteil der Daten auswerten zu können, in deren Besitz amerikanische, britische und australische Behörden gelangt seien.
In dem von internationalen und deutschen Medien ausgewerteten Datenpaket „Offshore-Leaks“ wurden zahlreiche Transfers sowie Firmengeflechte in Steuerparadiesen enthüllt. Auch in Folge dieser Angaben verstärkte die Politik ihre Anstrengungen, Steueroasen trockenzulegen. Einige Länder wollen inzwischen ihr Bankgeheimnis lockern, mehrere Steueroasen sind zum Informationsaustausch bereit.
Aus Deutschland beteiligten sich an der internationalen Medien-Kooperation der „Norddeutsche Rundfunk“ und die „Süddeutsche Zeitung“. Beide hatten es zuletzt abgelehnt, die betreffenden Unterlagen an die Ermittler herauszugeben.
Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ handelt es sich bei den nun bereitgestellten Daten in weiten Teilen um die „Offshore-Leaks-Dateien“. Die Analyse solle international koordiniert werden. Das Finanzministerium solle nicht nur Zugriff bekommen, sondern auch Hilfe bei der Auswertung. Wie amerikanische, britische und australische Steuerbehörden an die Daten gelangt seien, ist den Angaben zufolge unbekannt.
Bei den Offshore-Leaks-Daten handelt sich dem Blatt zufolge um 2,5 Millionen Dokumente. 130 000 Personen aus mehr als 170 Ländern würden in den Unterlagen aufgelistet. Die Dokumente stammten von zwei Firmen, die auf Offshore-Gesellschaften spezialisiert und führend auf diesem Gebiet seien.
„Die 400 Gigabyte Daten werden noch ausgewertet, aber erste Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen und Treuhandgesellschaften in mehreren Territorien auf der Welt, darunter Singapur, die Britischen Jungferninseln, die Kayman-Inseln und die Cook-Inseln, genutzt wurden“, heißt es in einer Mitteilung der britischen Steuerbehörde HMRC.
In Großbritannien seien mehr als 100 Personen identifiziert worden, die im Verdacht stünden, von den Strukturen profitiert zu haben. Auch 200 Steuerberater und Anwälte seien im Visier der Fahnder. Die Steuerbehörden riefen die Einwohner Großbritanniens auf, ihre Steuerunterlagen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um sicherzustellen, mit den Gesetzen im Einklang zu sein. Finanzminister George Osborne sagte: „Die Botschaft ist einfach: Wenn Du Steuern hinterziehst, kriegen wir Dich!“
Kritiker halten dies für Lippenbekenntnisse. Viele der internationalen Steueroasen sind britische Überseegebiete oder Kronbesitz. Der britische Steuerexperte Jack Murphy sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Wir haben kein Problem mit Steueroasen. Wir sind das Problem.“ 80 Prozent der Steuerdelikte würden in Großbritannien nicht Offshore, sondern im Inland begangen.