Verkehrssünder: Sind die Strafen zu lasch?

Gewerkschaft der Polizei fordert Vereinheitlichung in Europa — auf höherem Niveau.

Stuttgart/Berlin. Ein Monatsverdienst für eine Trunkenheitsfahrt oder Tausende Euro für zu schnelles Fahren: Wer sich im Ausland im Straßenverkehr daneben benimmt, kann ein böses Erwachen erleben.

Dieses hohe Niveau sollte auch hierzulande gelten, fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft. „Die Strafen beeindrucken derzeit niemanden und tun nicht wirklich weh“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt bei einer Fachtagung. „Man sollte sie europaweit einheitlich entwickeln und auf das höhere Niveau heben.“ Ein Blick ins Ausland:

In Finnland können nach ADAC-Angaben etwa 14 Tagessätze fällig werden, wenn man mit mehr als 50 Stundenkilometern zu schnell über die Straßen jagt. „Ein Tagessatz liegt bei einem Sechzigstel des Nettomonatseinkommens“, erläutert Verkehrsrechtsexperte des ADAC, Michael Nissen.

Das Strafmaß in Dänemark, etwa für eine Fahrt unter Alkohol, ist vergleichsweise hoch: Wird man betrunken hinterm Steuer erwischt, kann eine Strafe in Höhe eines Monatseinkommens fällig werden.

In der Schweiz gelten seit Jahresbeginn drastische Regeln. Hier stehen Raser im Mittelpunkt. Ihnen droht eine Haftstrafe, wenn sie etwa innerhalb geschlossener Ortschaften das Tempolimit von 50 Stundenkilometern um 50 km/h überschreiten. In Deutschland würden 280 Euro und vier Punkte fällig, so Nissen.

Verkehrssünder können in Italien schnell alt aussehen: Denn dort kann ihnen das Auto ganz weggenommen werden, wenn die Behörden sie etwa mit mehr als 1,5 Promille Alkohol im Blut erwischen, wie der Experte erläutert. Doch damit nicht genug: In „Bella Italia“ drohe in einem solchen Fall neben der Beschlagnahmung auch die Zwangsversteigerung des Autos.

Die Niederlande nehmen es bei den Bußgeldern sehr genau: Da könne es schon einen beträchtlichen Unterschied machen, ob man nun fünf oder 15 Stundenkilometer zu schnell gefahren sei, so der Fachmann.

In Österreich kann es für ein und dasselbe Vergehen unterschiedliche Strafhöhen geben, weil dort jedes Bundesland seine eigene Regelungen hat.

Unterm Strich liegt Deutschland nach Einschätzung des ADAC-Fachmanns im europäischen Vergleich im Mittelfeld. „Ein Angleichen an das Niveau in anderen Ländern kann nur nach hinten losgehen“, findet er mit Blick auf die Forderung der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Er sieht wie auch sein Kollege vom Auto Club Europa (ACE) die Kontrollen als entscheidend an. „Bevor Verkehrsstrafen hochgeschraubt werden, muss erst die Verkehrsüberwachung intensiviert werden“, sagt Rainer Hillgärtner vom ACE.