Zeitarbeit treibt den Wirtschaftsboom an
Noch nie gab es so viele Leiharbeiter wie heute. Ohne sie würde das Wachstum schwächer ausfallen.
Berlin. In der Rezession waren sie besonders häufig von Entlassung betroffen, nun profitieren sie auch mehr als andere Beschäftigte vom Aufschwung: die Zeitarbeiter. 742.000 Arbeitnehmer waren 2010 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in einer Leiharbeitsvermittlung angestellt, die ihre Arbeitskraft einem anderen Unternehmen gegen Bezahlung zur Verfügung stellt.
Noch nie waren so viele Zeitarbeiter in Deutschland beschäftigt, und ihre Zahl steigt weiter: Laut Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) in diesem Jahr auf nun 873.000.
Den Gewerkschaften ist die Zeitarbeit ein Dorn im Auge. Während die Befürworter darauf hinweisen, dass 57 Prozent des Aufschwungs auf dem Arbeitsmarkt auf die Zeitarbeit zurückzuführen seien, sehen die Kritiker die Gefahr des Lohndumpings.
Sie verweisen auf Berechnungen, wonach das mittlere Einkommen eines Leiharbeiters in Vollzeit 2009 bei 1.393 Euro brutto im Monat gelegen habe. Das sei weniger als die Hälfte des mittleren Einkommens von Industriebeschäftigten.
Nach dem Gesetz müssen Leiharbeiter wie ihre Kollegen im Entleihbetrieb bezahlt werden, es sei denn, es gilt für sie ein anderer Tarifvertrag, der ihres Arbeitgebers. Seit Mai gilt in der Leiharbeit ein neuer Mindestlohn von 7,79 Euro die Stunde, den alle in Deutschland tätigen Zeitarbeitsfirmen zahlen müssen.
Den Mindestlohn erhalten die ungelernten Beschäftigten, Akademiker bekommen 17,53 Euro pro Stunde. „In der Regel zahlen die Unternehmen aber mehr, weil es in vielen Regionen schon Vollbeschäftigung gibt und sie sonst niemanden bekämen“, so BAP-Sprecher Michael Wehran. Da die Entleihfirma auch Gebühren für das Entleihen zahlen muss, kann ein Leiharbeiter für sie sogar teurer sein als die festangestellten Beschäftigten.
Der Vorteil der Zeitarbeit für den Entleiher ist die Flexibilität: Den Leiharbeiter kann er wieder wegschicken, sobald er keine Aufträge mehr für ihn hat.
Das Institut der deutschen Wirtschaft ist überzeugt, dass das Wirtschaftswachstum 2010 ohne Zeitarbeit schwächer ausgefallen wäre. Leiharbeiter hätten 15 Prozent des Aufschwungs erwirtschaftet, obwohl sie nur zwei Prozent aller Erwerbstätigen stellen, heißt es in einer Studie.