Ende des Turbo-Abis in NRW: Gesetz soll schnell durch Landtag

Nach dem schwarz-gelben Plan wird ab dem Schuljahr 2019/2020 für die Klassen 5 und 6 umgestellt. Ausnahmen bleiben aber möglich.

Die öffentlichen Gymnasien werden zum Schuljahr 2019/2020 grundsätzlich auf G 9 umgestellt.

Foto: Armin Weigel

Düsseldorf. Die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren ist eingeleitet. Nach einer Kabinettssitzung verkündete Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) gestern vor Journalisten: „Die Landesregierung hat soeben eines ihrer größten und wichtigsten Gesetzesvorhaben dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht.“

Schwarz-Gelb schafft damit das von einer ebenfalls schwarz-gelben Landesregierung eingeführte Turbo-Abi nach acht Jahren Gymnasialzeit wieder ab. Aber nicht ganz, Ausnahmen sind möglich.

Im Kern sieht der Gesetzesplan, der noch vom Landtag vor den Sommerferien abgesegnet werden soll, vor: Die öffentlichen Gymnasien werden zum Schuljahr 2019/2020 grundsätzlich auf G 9 umgestellt. Die Umstellung bezieht sich auf die Klassen 5 und 6 des Schuljahres 2019/2020. Die Wochenstundenzahl soll so bemessen sein, dass ein Halbtagsbetrieb möglich wird.

Gymnasien können sich gegenüber ihrem Schulträger (in der Regel die Kommunen) für den Verbleib bei G 8 aussprechen. Daran ist der Schulträger grundsätzlich gebunden. Es sei denn, er hat entgegenstehende „stichhaltige Gründe aus seiner Verantwortung für das örtliche Schulangebot“ (Gebauer). Für den Verbleib bei G8 ist ein Beschluss der Schulkonferenz mit mehr als zwei Dritteln nötig. Die Schulkonferenz besteht zu gleichen Teilen aus Schülern, Lehrern und Eltern.

Gymnasien, die sich nicht für einen Verbleib bei G8 entscheiden, sind automatisch G9-Schulen. Träger der Gymnasien in freier Trägerschaft entscheiden selbst, ob sie das Abi nach acht oder neun Jahren anbieten.

Ministerin Gebauer rechnet damit, dass mehr als 90 Prozent der Schulen zu G 9 zurückkehren werden. Dafür werden nach Schätzungen ihres Ministeriums 2200 zusätzliche Lehrerstellen benötigt. Pro Lehrerstelle rechnet man mit Kosten von jährlich 50 000 Euro.

Doch auch auf die kommunalen Schulträger kommen ab dem Schuljahr 2026/27 Kosten zu: zusätzliche Räume und Anlagen oder Lernmittel. Hier verspricht Gebauer den Kommunen die Einhaltung des Konnexitätsprinzips, was so viel heißt wie: „Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch“. Also das Land. Hier erstellen Gutachter derzeit eine Prognose der erwarteten Belastung. Danach wird das Land den Verteilungsschlüssel der Kosten gesetzlich regeln.

Jochen Ott, schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion bedauert, dass gerade diejenigen Eltern und Kinder, die für G9 demonstriert und gekämpft haben, nicht von der Reform profitieren. Auch beklagt er, dass die Schulkonferenzen der Gymnasien erst in diesem Herbst über ihre zukünftige Form entscheiden. „Viele Eltern wissen jetzt bei der Anmeldung noch nicht, ob sich das Gymnasium für G 8 oder G 9 entscheiden wird.“

Für Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin der Grünen, bleibt es „völlig unklar, wie die Landesregierung die versprochene Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 gewährleisten will, wenn sich fast ausnahmslos alle Gymnasien für einen längeren Bildungsweg aussprechen“. Die Ministerin habe nicht die Kraft, eine echte Leitentscheidung für G 9 zu treffen.