Reaktionen Yücel-Freilasssung: Gabriel lobt Merkel - und sich selbst

Die Freilassung von Deniz Yücel wird in Berlin mit Erleichterung aufgenommen. Bleibt die Frage, warum Yücel jetzt nach über einem Jahr aus der Haft entlassen worden ist.

„Welt“-Korrespondent Deniz Yücel ist ein freier Mann.

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Berlin. Sigmar Gabriel, Noch-Außenminister, trat am Freitag zunächst in München am Rande der Sicherheitskonferenz als erster vor die Kameras. Gabriel erklärte, er wolle sich auch bei der „deutschen Bundeskanzlerin“ bedanken, „die mich hat arbeiten lassen.“ Seine Genugtuung konnte der SPD-Mann nicht verbergen, denn die überraschende Freilassung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel kommt ihm gerade Recht.

Die von Gabriel so gepriesene Kanzlerin äußerte sich dann gut eine Stunde später während des Besuches des neuen polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki in Berlin. „Ich freue mich wie viele, viele andere, dass er das Gefängnis verlassen konnte“, so Merkel. Auch sie hatte zur Kenntnis genommen, dass zuletzt Bewegung in die Causa Yücel gekommen war durch Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim. Doch beim Treffen beider am Tag zuvor im Kanzleramt lag eine so schnelle Freilassung noch nicht in der Luft. Die Begegnung Merkels mit Yildirim verlief kühl.

Die Kanzlerin betonte weiter, sie wolle allen danken, die sich dafür eingesetzt hätten, dass Yücel nach einem Jahr Gefängnis „auf freiem Fuß ist“. Ganz besonders schließe sie die Bemühungen „des Außenministeriums mit ein und des Außenministers“. Anerkennung, die Gabriel gebrauchen kann. Er möchte anders als viele in der SPD-Führung unbedingt Minister bleiben, und die Freilassung Yücels, die Gabriel vor allem als Ergebnis seiner Bemühungen verstand, kann ihm dabei nutzen. Nachmittags eilte er dann zurück nach Berlin, um zusammen mit Yücels Chef, Springer-Vorstand Mathias Döpfner, noch einmal vor die Presse zu treten. Anders als Gabriel bei seiner ersten Stellungnahme in München hob Merkel auch die Verdienste der Zivilgesellschaft hervor, „die durch ihr beständiges Eintreten und Nichtvergessen von Deniz Yücel“ einen Beitrag geleistet habe. Merkel ergänzte: „Wir wissen, dass es noch weitere, vielleicht nicht ganz so prominente Fälle in türkischen Gefängnissen gibt.“

Allenthalben waren die Erleichterung und die Freude im politischen Berlin groß. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ließ eine kurze Erklärung verschicken: „Ich hoffe sehr, dass die Freilassung Yücels Bedingungen schafft, die zu einer Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen führen“, betonte das Staatsoberhaupt. Die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles erklärte, die Freilassung sei eine „Freudentag“, doch „wir werden nicht vergessen und uns weiter dafür einsetzen, dass auch alle anderen zu Unrecht inhaftierten Deutschen in der Türkei so schnell wie möglich wieder in Freiheit sein werden.“ Die Grünen-Fraktionschefs Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt mahnten, die Bundesregierung müsse sich weiter „für sämtliche unschuldig Inhaftierte in der Türkei“ einsetzen.

Bleibt die Frage, warum Yücel jetzt nach über einem Jahr aus der Haft entlassen worden ist. Dazu gab es keine klaren Antworten. Kenner der Türkei betonten allerdings, die türkische Regierung habe zuletzt sehr positiv registriert, dass die deutschen Sicherheitsbehörden bei Demonstrationen gegen PKK-Sympathisanten und deren Symbole vorgegangen seien. Auch sei ein mutmaßlicher Putschist von Juli 2016 in Deutschland zur Fahndung ausgeschrieben worden. Auf die Frage, ob es Abmachungen mit Ankara gegeben habe, antwortete ein Sprecher des Auswärtigen Amtes: „Von irgendwelchen schmutzigen Deals oder Nebenabsprachen kann keine Rede sein.“ Die Linke Sevim Dagdelen betonte jedoch, sie befürchte, dass es einen „Rüstungsdeal auf dem Rücken von Deniz Yücel“ gegeben habe. Man werde aber wohl erst in einigen Jahren erfahren, „was da genau passiert ist“.