Eine Bademeisterin braucht Fachwissen und Fingerspitzengefühl
Mainz/Maikammer (dpa) - Wer meint, Bademeister sei ein lockerer Job, wird beim Blick hinter die Kulissen eines Besseren belehrt. Die Wirklichkeit hat wenig zu tun mit den Klischees von Sonne, Strand und Schwätzchen.
Kurz vor 7.00 Uhr: Dienstbeginn für Andrea Härtig, die heute zur Frühschicht bis um 15.30 Uhr eingeteilt ist. Die junge Frau arbeitet seit vier Jahren als Bademeisterin im Mainzer Taubertsbergbad. Gerade hat ein Schwimmverein das Training im Sportbad beendet. „Die Gäste sehen uns im Sommer in der Sonne stehen und meinen, wir haben auch sonst einen lockeren Job.“ Doch die Realität sieht anders aus.
„Es gibt immer was zu tun“, sagt die Bademeisterin beim Rundgang. Sie muss nicht nur ein wachsames Auge auf die Badegäste werfen, für die Einhaltung der Badeordnung sorgen und über die technischen Abläufe bei der Wasseraufbereitung Bescheid wissen. Die Reinigung des Sportbades, der Therme und des Freibades fallen ebenfalls in ihren Aufgabenbereich. „Bei schönem Wetter haben meine Kollegen und ich täglich vier Müllsäcke mit jeweils 60 Litern Inhalt eingesammelt.“
Das Freibad ist zwar geschlossen, doch Andrea Härtig hat auch so noch alle Hände voll zu tun, bevor um 9.30 Uhr die ersten Badegäste eintreffen. Ihr Weg führt sie erst zum großen Becken. Dort haben ihre Kollegen von der Spätschicht den sogenannten Beckensauger ins Bassin gesetzt. „Das Gerät fährt während der Nacht selbstständig und reinigt den Beckenboden von grobem Dreck, zum Beispiel Haaren“, erklärt Härtig. Für das 25-Meter-Becken braucht der Sauger etwa 90 Minuten.
Morgens wird der Sauger aus dem Becken geholt und gereinigt, wobei manchmal Unerwartetes ans Tageslicht kommt. „Es ist schon kurios, was Leute beim Schwimmen verlieren: Ohrringe, Ketten, Schmuck und sogar Lesebrillen“, berichtet Härtig. Auch in den Umkleidekabinen bleiben mitunter Sachen liegen, die man eigentlich nicht vergessen dürfte - Unterwäsche und Jogginganzüge. „Manchmal fragen wir uns, wie die Leute nach Hause kommen“, sagt die Bademeisterin.
Der Volksmund spricht vom Bademeister. „Die genaue Berufsbezeichnung für den Schwimmmeistergehilfen lautet heute aber Fachangestellter für Bäderbetriebe. Daneben gibt es den Meister für Bäderbetriebe, der früher geprüfter Schwimmmeister hieß“, erklärt Bernd Rademacher, Vorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz/Saar Deutscher Schwimmmeister. Der Bundesverband hat über 3800 Mitglieder und vertritt als Berufsfachverband die Interessen der Schwimmmeister und des übrigen Bäderpersonals.
Die Ausbildung zur Fachangestellten für Bäderbetriebe, die Andrea Härtig absolvierte, dauert drei Jahre und umfasst auch die Rettung. „Man hofft zwar, dass man nicht einzugreifen braucht, ich musste aber schon ins Wasser springen, um jemanden herauszuholen“, berichtet Härtig. Manchmal überschätzen Badegäste ihre Kräfte. Das sieht die Bademeisterin an Bewegungsabläufen und am Atemrhythmus. Sicherheit habe oberste Priorität, weshalb das Schwimmerbecken für Nichtschwimmer tabu sei. „Man muss mindestens eine Bahn selbstständig schwimmen können. Hilfen, etwa Schwimmflügel für Kinder, sind nicht erlaubt.“
Trotz aller Umsicht kommt es vor, dass sich Gäste verletzen und Bademeister Erste Hilfe leisten müssen. Meist sind es leichte Blessuren, Beulen und Abschürfungen. Notfälle sind sehr selten. „Einmal musste ein Kollege einen jungen Mann reanimieren“, erzählt Härtig. Sie sei „schon mal Mama“ gewesen, um ein Kind zu trösten. Es gebe Fälle, da helfe ein gutes Wort genauso viel wie ein Pflaster.
Die Arbeit der Bademeisterin ist verantwortungsvoll, mitunter auch schweißtreibend. In der Therme ist es 28 Grad warm, es herrscht hohe Luftfeuchtigkeit, als sie die Haltegriffe in einem Schwimmbecken poliert. Es überrascht nicht, dass die Bademeisterin pro Schicht vier bis fünf Liter Flüssigkeit trinkt. Zu einem Drink von Gästen lässt sich die junge Frau aber nicht einladen. „Als Bademeisterin muss man zwar offen sein und auf Menschen zugehen können. Doch der Abstand muss gewahrt bleiben, sonst verliert man die Autorität.“
Bademeister müssten heute mitunter „eine Art Erziehung übernehmen“ und seien mehr gefordert, meint Walburga Knestel, die Geschäftsführerin des Taubertsbergbades. „Früher haben wir stramm gestanden, wenn der Bademeister uns ermahnt hat. Heute kennen manche Kinder keine Grenzen mehr.“