Großes Ziel, kleine Wirkung - Azubis mit Kind in Teilzeit
Berlin (dpa) - Firmen brauchen gute Azubis und Alleinerziehende eine gute Arbeit. Ausbildungen in Teilzeit sollten beides zusammenbringen und Karrieren mit Kindern erleichtern. Der große Erfolg steht aber noch aus.
Ohne Partner und mit Kind ist der Einstieg ins Berufsleben für viele eine riesige Hürde. 2005 schien eine Lösung gefunden und wurde im Berufsbildungsgesetz verankert: Ausbildungen in Teilzeit. Damit sollten Betriebe an gute Beschäftigte kommen und besonders Alleinerziehenden der Einstieg in die Arbeitswelt erleichtert werden. Aber heute fällt die Bilanz ernüchternd aus. „Es ist vielen Betrieben nicht bekannt, dass sie auch in Teilzeit ausbilden dürfen“, klagt Hermann Nehls vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Im Jahr 2010 wurden in Deutschland insgesamt 1056 Ausbildungsverträge in Teilzeit neu geschlossen, errechnete das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Das waren lediglich 0,2 Prozent aller neuen Ausbildungsverträge. Aktuellere Zahlen liegen bislang nicht vor.
Eine Teilzeitausbildung bedeutet, die Arbeitszeit auf etwa 75 Prozent der normalen Zeit zu verkürzen, wie das Bundesbildungsministerium schreibt. Die Berufsschule findet regulär in Vollzeit statt. Wird die Grenze von drei Vierteln der regulären Zeit nicht unterschritten, soll die Ausbildung insgesamt auch nicht verkürzt werden.
„Alleinerziehende sind in der Lage, die Ausbildung genau so gut zu machen wie alle anderen auch“, sagt Nehls. Jüngst kündigte die Deutsche Bahn ein entsprechendes Pilot-Projekt an. Das Potenzial werde insgesamt allerdings viel zu wenig genutzt, sagt Gewerkschafter Nehls.
Das Bundesbildungsministerium veröffentlichte vergangenes Jahr eine Studie, um die Umsetzung der Ausbildung in Teilzeit zu untersuchen. Ein Fazit lautete: „Anders als Teilzeitarbeit ist Teilzeitberufsausbildung bislang kaum verbreitet.“ Fehlende Kinderbetreuung und bürokratische Hürden für Zuschüsse machte die Behörde unter anderem dafür verantwortlich. Aber auch „starke Defizite im Wissen über die Möglichkeit“.
Mit einer reinen Teilzeitausbildung sei vielen Alleinerziehenden noch nicht geholfen, sagt Miriam Hoheisel, Bundesgeschäftsführerin des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter. „Es kommt auch auf die Bezahlung an.“ Alleinerziehende stünden schließlich unter besonderem Druck, da sie alleine eine Familie ernähren müssten. Mit einem dezimierten Ausbildungsgehalt sei das schwierig.
Nach Zahlen des Verbandes gibt es in Deutschland rund 1,6 Millionen Alleinerziehende mit 2,2 Millionen minderjährigen Kindern. 9 von 10 Alleinerziehenden sind Frauen. Trennung oder Scheidung vom Lebens- oder Ehepartner führt demnach in 80 Prozent der Fälle zu dem Status. 2010 hatten laut Verbandsangaben rund jede fünfte Frau keinen Berufsabschluss.