Richtiges Bachelorfach finden: Studium generale hilft

Heidelberg (dpa/tmn) - Das richtige Studienfach zu finden, fällt vielen Abiturienten schwer. Denn das Angebot an Bachelorstudiengängen ist riesig. Gleichzeitig wissen viele noch nicht, was sie wirklich interessiert.

Ein einjähriges Studium generale kann helfen.

In Möbelhäusern wie Ikea, Roller oder Porta gibt es gefühlt 1000 Möbel allein für das Wohnzimmer zu kaufen. Manchen mit neuer Wohnung verwirrt diese Auswahl. Er beginnt den Katalog schon zum Frühstück zu wälzen und verbringt seine freie Zeit in irgendeinem Industriepark mit Einrichtungshaus. Wie möchte er noch einmal wohnen? Er weiß es nicht mehr. Die Vielfalt überfordert ihn.

Vielen Abiturienten geht es wie dem Ikea-Besucher - nur ist alles noch viel schlimmer. Es geht nicht um die harmlose Frage, wie man sich einrichten will. Ein Möbelstück ist man schnell wieder los. Sein Studienfach nicht. Es geht um Wesentliches: Was interessiert mich? Welchen Weg will ich einschlagen? Die Auswahl ist riesig. Rund 7000 Bachelorstudiengänge gibt es zurzeit in Deutschland.

Für Unentschlossene ist ein einjähriges Studium generale eine gute Idee. „Es ist empfehlenswert für die, die sich überhaupt nicht für eine Fachrichtung entscheiden können“, sagt Birgit Dömkes, Berufsberaterin bei der Arbeitsagentur in Heidelberg. „Und für die, die Zweifel haben, ob ein Studium überhaupt das Richtige für sie ist.“

Unter dem Studium generale versteht man in Deutschland zwei Dinge. Zum einen eine für alle offene und meist nicht verpflichtende Vorlesungsreihe an der Universität, in der Professoren aus allen Fachrichtungen Einblicke in ihr Gebiet gewähren. Eine solche Vorlesung kann jeder Student parallel zu seinem Fachstudium besuchen.

Zum anderen versteht man darunter ein Projekt, meist zwei Semester lang, das der Studienorientierung von Abiturienten dient. Manche sind an der Universität eingeschrieben, andere nicht. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie in dieser Zeit in der Gruppe gemeinsam verschiedene Fachrichtungen in Vorlesungen und Seminaren ausprobieren und so nach und nach entdecken können, was ihnen liegt.

Die Reise zu ihren Interessen starten jedes Jahr circa 50 Abiturienten im Leibniz Kolleg in Tübingen. „Unsere Kollegiaten bekommen eine Einführung in die Methoden wissenschaftlichen Arbeitens“, erklärt Michael Behal, Leiter des Kollegs. Dann können sie wählen zwischen Seminaren aus den Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, Rechts- und Sozialwissenschaften. Dazu gibt es Arbeitsgruppen in Fotografie, Theater oder Creative Writing.

Fast ein Jahr dauert das Kolleg. Während dieser Zeit leben die Kollegiaten gemeinsam in einem Haus in Tübingen. Umsonst ist das Jahr nicht, doch die Kosten sind moderat. Pro Monat liegen sie mit Unterkunft ohne Verpflegung bei 440 Euro. Bei Bedürftigkeit müssen nur 200 Euro pro Monat bezahlt werden. Ein Jahr zusammen unter einem Dach - das schweißt zusammen.

Das Leibniz Kolleg gibt es seit 1948. Das Studium naturale an der Technischen Universität München ist viel jünger. Es gibt das Projekt zum Wintersemester 2012/2013 erst zum zweiten Mal. „Natürlich experimentieren wir noch ein bisschen“, sagt Miriam Mann, Leiterin des Studium naturale.

Anders als in Tübingen sind die Teilnehmer des Studiums naturale an der Technischen Universität regulär als Studenten immatrikuliert. Sie wohnen auch nicht gemeinsam in einem Haus, sondern suchen sich in München eine eigenen Wohnung.

Das Konzept jedoch ähnelt dem in Tübingen. Ähnlich wie beim Leibniz Kolleg soll das Studium naturale der Studienorientierung dienen. Es können allerdings ausschließlich naturwissenschaftliche Studiengängen ausprobiert werden.

Schließlich muss noch das Leuphana-College in Lüneburg erwähnt werden. Hier ist das Konzept wieder ähnlich - und doch ganz anders. Dort absolvieren alle Studenten gemeinsam das erste Semester. Breitgefächert hören sie Vorlesungen aus allen Fachrichtungen, um den Horizont zu erweitern. Erst danach geht das Fachstudium richtig los. Das Nebenfach kann nach dem Orientierungssemester noch einmal gewechselt werden.