Bascha Mika und „Die Feigheit der Frauen“
Köln (dpa) - Bascha Mika war bis 2009 „taz“-Chefredakteurin. Über Alice Schwarzer hat sie eine Biografie geschrieben, über die sich die Kölner Feministin noch heute ärgert. Nun ist Mikas Streitschrift „Feigheit der Frauen“ auf dem Markt - und die Debatte darüber heftig.
Millionen von gut ausgebildeten Frauen verzichten auf ihre beruflichen Chancen, sind bequem, feige, betreiben ihre eigene „Vermausung“, entmachten sich selbst. Freiwillig unterwerfen sie sich dem Mann, bringen sich um das eigentlich angestrebte selbstständige Leben. Wenn die große Liebe kommt, spätestens wenn der Nachwuchs da ist. Schreibt Bascha Mika, von 1999 bis 2009 Chefredakteurin der „taz“, in ihrem Buch „Die Feigheit der Frauen“, das gerade erschienen ist. „Nach vierzig Jahren Geschlechtertheater müssen wir feststellen: Wir selber haben's vermasselt. Wir Frauen“, meint Mika. Für ihre Thesen musste sie bereits heftige Schelte einstecken.
„Titel und manche Formulierungen sind provozierend, weil das dem Aufrütteln dient. Ich will scharf konturieren und etwas Neues in die Debatte einbringen“, sagte die 56-Jährige der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag in Köln. „Aber das ist nicht beleidigend gemeint.“ Sie wende sich an Frauen, die dank ihrer Ausbildung gute Chancen hätten - und damit auch eine Verantwortung. „Diese Frauen lassen zu, dass man ihnen das Zepter aus der Hand nimmt“, sagt Mika. „Selbstverständlich kann man in Deutschland nicht mit den strukturellen Rahmenbedingungen zufrieden sein. Aber wenn Frauen es nur darauf schieben, dass sie sich aus dem Beruf zurückziehen, ist das Selbstbetrug.“
Die Marburger Feministin Prof. Annette Henninger sieht das anders. Sie glaubt nicht, dass Millionen von Frauen in der eigentlich glücklichen Lage sind, wirklich wählen zu können. „Ich bezweifle sehr, dass es so viele deutsche Mittelklasse-Frauen mit guter Qualifikation gibt, die einen gut verdienenden Ehemann haben und sich einen Rückzug in die beschriebene „Komfortzone“ ohne Erwerbsarbeit erlauben können.“
Die Professorin vom Zentrum für feministische Zukunftsforschung meint: „In der Realität haben wir das Problem, dass Frauen zu Erwerbsarbeit gezwungen sind, häufig auch schlecht bezahlte Jobs machen, weil das Einkommen des Mannes für die Familie nicht reicht.“ Und: „Bascha Mika betreibt Hausfrauen-Bashing, das kann nicht zum Ziel führen.“ Das Buch habe Züge von Schwarz-Weiß-Malerei. Begriffe wie „Latte-Macchiato-Mütter“, „Geiselmentalität“ der Frauen oder „Klein-Frauchen-Rolle“ stoßen manchem auf.
Autorin Mika sagt: „Man kann in Deutschland nicht zufrieden sein als Frau. Das zeigt auch die aktuelle Debatte über eine Frauenquote für Vorstandsposten, bei denen wir ja auf dem peinlichen Stand von Indien sind. Dass eine Kanzlerin meint, das Problem mit einem „Basta“ wegfegen zu können, spricht auch für sich.“ Aber: „Frauen können sich trotzdem entscheiden.“ Ihr Buch lenke bewusst auf den bisher noch wenig beleuchteten privaten Bereich: „Ich spreche über Fehlentscheidungen der Frauen im persönlichen Umfeld, wo sie sich unterwerfen, angefangen bei der Liebesbeziehung, bei Hausarbeit, Familienarbeit und den Kindern.“ Arbeit als sinnstiftende und erfüllende Tätigkeit sei wichtig, auch für die Unabhängigkeit.
Die „FAZ“ sieht in dem neuen Titel „ein sonderbar verstaubt wirkendes Buch, das den alten Grabenkampf zwischen Hausfrauen und Karrierefrauen wiederbelebt“, und kritisiert ein „Potpourri der plattesten Frauenklischees“. Die „Zeit“ hält Mika vor: „Das Gerede von der Kinderfalle stammt aus der Mottenkiste der Frauenbewegung“. Mika ist überrascht über die heftige Debatte. „Aber wer eine Streitschrift schreibt, muss natürlich auch bereit sein, sich zu streiten.“
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Mika, Bascha: Die Feigheit der Frauen, Bertelsmann Verlag, 256 S., ISBN-13: 978-3-570-10070-7, 14,99 Euro