Beistand bei der Pflege von Angehörigen finden

Berlin (dpa/tmn) - Die Pflege für Angehörige zu übernehmen, ist kräftezehrend. Unterstützung finden Betroffene oft nur, wenn es ums Ausfüllen von Formularen oder das Beantragen von Geldern geht. Noch nötiger hätten sie manchmal aber jemanden, der ihnen einfach nur zuhört.

Angehörige zu pflegen, ist ein Knochenjob. Und er zehrt an den Nerven. Manchmal zieht er sich über viele Jahre hin. Rund acht Jahre pflegen Angehörige im Schnitt. Sie stehen nachts auf, wenn der Pflegebedürftige ruft, reichen Essen an, helfen beim Anziehen und Waschen. All das kann enorm belasten.

In Freiwilligeninitiativen und Kirchengemeinden engagieren sich Ehrenamtliche, die pflegende Angehörige besuchen und mit ihnen reden. Daneben gibt es weitere Angebote, an die sich Pflegende wenden können: Pflegebegleiter, Beratungstelefone und sogar eine Online-Beratung.

„Wir gehen davon aus, dass pflegende Angehörige sehr viel leisten müssen und oft keine Möglichkeit haben, Unterstützungsangebote wahrzunehmen“, sagt Prof. Elisabeth Bubolz-Lutz vom Forschungsinstitut Geragogik in Witten. Also pflegten sie weiter alleine, bis sie irgendwann am Ende ihrer Kräfte sind.

Um das zu ändern, hat Bubolz-Lutz ein Projekt gestartet, aus dem sich das bundesweite Netzwerk pflegeBegleitung entwickelt hat. Die ehrenamtlich arbeitenden Pflegebegleiter bieten aber keine Dienstleistungen an, wie etwa eine stundenweise Betreuung von Pflegebedürftigen. Sie verstehen sich als Vermittler. Sie wollen Pflegenden Mut machen, aus der Isolation der häuslichen Pflege herauszukommen und Hilfe von außen anzunehmen.

Wie die Begleitung abläuft, entscheiden die Pflegenden selbst. Sie können den Pflegebegleiter treffen oder mit ihm telefonieren. Manche wollen erstmal nur erzählen, andere haben konkrete Fragen. Die Pflegebegleitung kann nach zwei, drei Treffen zu Ende sein oder sich über Monate erstrecken. Sie ist für die Angehörigen kostenlos.

Wer bei Problemen in der Pflege dringend jemanden zum Reden braucht, kann sich auch an die Beratungs- und Krisentelefone für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wenden. Sie werden von Wohlfahrts- und Sozialverbänden, Verbraucherzentralen und Vereinen getragen. Manche beraten vor allem zu Konflikten in Pflegeheimen, andere zur häuslichen Pflege.

Denn trotz aller guten Vorsätze kann es bei der Pflege zu Hause zu Streit und Krisen kommen. „Viele Menschen übernehmen die Pflege hochmotiviert. Sie möchten ihren Angehörigen so gut es geht unterstützen“, sagt Gabriele Tammen-Parr vom Beratungstelefon Pflege in Not des Diakonischen Werks Berlin. „Doch auch wenn Sie liebevoll pflegen, kann es vorkommen, dass Sie ungeduldig und laut werden oder aggressive Gedanken haben.“

„Oft sagen die Anrufer als Erstes: "Ich kann nicht mehr, ich schmeiß alles hin"“, erzählt Erika Jacker vom Krisentelefon Gewaltig überfordert in Böblingen. Sie und andere Ehrenamtliche sitzen seit 2006 jeden Nachmittag unter der Woche für zwei Stunden am Telefon und hören Pflegenden zu.

Wer sich seine Sorgen lieber von der Seele schreibt, der ist bei der psychologischen Online-Beratung pflegen-und-leben.de in Berlin richtig. Pflegende Angehörige können dort kostenlos ein Postfach einrichten und anonym ihre Probleme schildern. Die Berater versuchen Wege aufzuzeigen, um den Druck aus dem Pflegealltag zu nehmen.

Die Teilnehmer bekommen unter anderem Schreibaufgaben, die sie im Laufe einer Woche erledigen. „Schon allein sich einmal in der Woche für eine Stunde hinzusetzen und seine Gedanken aufzuschreiben, hilft“, sagt Kristina Köhler, Diplom-Psychologin bei pflegen-und-leben.de.