Der zweite Tod - Den digitalen Nachlass rechtzeitig regeln
Berlin (dpa/tmn) - Etwa alle drei Minuten stirbt in Deutschland ein Facebook-Nutzer. Während sich Verwandte und Bestatter um die Verwaltung des weltlichen Nachlasses kümmern, lebt der Verstorbene im Netz weiter.
So zum Beispiel auf Facebook-, Twitter oder Instagram-Accounts, bei Online-Versandhäusern und als Inhaber von Online-Konten für Strom- oder Telefonverträge. Die Regelung dieses digitalen Nachlasses stellt Angehörige häufig vor große Probleme.
Mehr als jeder Zweite (57 Prozent) schreibt sich laut Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) wichtige Passwörter nicht auf - im Todesfall sind sie unrettbar verloren. Dabei müssen sich Anhörige auch um die Abwicklung der digitalen Aktivitäten kümmern. „Grundsätzlich tritt der Erbe in die Fußstapfen des Verstorbenen“, sagt Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht.
Das heißt, der Erbe muss alles vertreten, was der Verstorbene zu Lebzeiten im Internet abonniert oder abgeschlossen hat. Internetverträge, Abonnements, laufende Ebay-Auktionen oder Versandbestellungen. Diese Dinge müssen grundsätzlich weitergezahlt oder gekündigt werden. Der Tod allein löst die meisten Verträge zunächst einmal nicht auf.
Umso wichtiger, dass der digitale Nachlass zu Lebzeiten eindeutig geregelt ist. Steiners Tipp: Alles schriftlich festhalten: „Man sollte den Hinterbliebenen den Zugriff auf die Daten und Passwörter ermöglichen, damit es zu keinen Problemen kommt.“ Ohne Passwörter verweigern Facebook und Co. das Löschen der Konten. Sie verlangen eine Sterbeurkunde, manchmal einen Erbschein.
„Je nachdem wie hoch das Erbe ist, kann der Erbschein teuer sein“, sagt Barbara Steinhöfel von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz: „Am besten schreibt man alle Passwörter klassisch auf eine Liste und legt diese an einen sicheren Ort. In einen Safe oder einen besonders gesicherten Schrank.“
Zudem empfiehlt sie verschlüsselte USB-Sticks, auf denen man die Passwörter speichern kann. Sie sind auch für den Laien einfach in der Bedienung. „Auf jeden Fall sollte man einen Nachlassverwalter schriftlich bestimmen. Das muss nicht zwingend der Erbe sein.“ Dieser sollte eine Übersicht haben, welche wichtigen Online-Konten es gibt und sie nach dem Tod verwalten.
Wie der digitale Tod aussieht, kann jeder selbst entscheiden. Sollen Mail-Adressen oder Social-Media-Profile weiterbestehen oder gelöscht werden? Die einzelnen Plattformen bieten verschiedene Optionen an. Das Facebook-Profil können Hinterbliebene in eine Art Gedenkzustand versetzten.
Google lässt den Nutzer zu Lebzeiten selbst entscheiden, was mit seinem Profil nach dem Tod passieren soll. Mit Hilfe des Kontoaktivitätmanagers kann der Nutzer eine Wartefrist festlegen. Hat man sich längere Zeit nicht angemeldet, löscht Google den Account und leitet die Optionen ein, die der Nutzer zu Lebzeiten ausgewählt hat.
Einen Menschen auch digital sterben zu lassen, wird immer mehr zum Thema. Das Projekt „Surfer haben Rechte“ des VZBV informiert im Netz umfassend über Möglichkeiten und bietet den Selbsttest #machsgut an. Aufklärung, die wichtig ist. Denn die wahren Probleme mit dem digitalen Erbe kommen erst noch.
Wer bis vor Kurzem gestorben ist, hat im Regelfall von den Möglichkeiten des Internets nur sparsam Gebrauch gemacht. Allmählich sterben die ersten wirklichen Nutzer und stellen die Hinterbliebenen vor neue Herausforderungen.
„Die meisten Angehörigen denken in ihrer Trauer nicht an Fragen des Internets“, sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutscher Bestattungskultur. Zum Beruf des Bestatters gehört schon lange nicht mehr nur die Auswahl des Sarges, der Kapelle und der Todesanzeige. Heute müssen sich Bestatter auch um den digitalen Nachlass kümmern.
„Es bedarf einer ehrlichen Beratung. Man kann kein Rundum-Sorglos-Paket anbieten“, sagt Wirthmann. Wenn zu Lebzeiten nichts geregelt wird, sind nach dem Tod oft IT-Experten gefragt, um Passwörter zu knacken oder die verschiedenen Konten aufzuspüren. Und das kann teuer werden.