Fragen und Antworten Erste Zwischenbilanz zur „vertraulichen Geburt“
Berlin (dpa) - Als Alternative zur Babyklappe war vor gut drei Jahren in Deutschland die „ vertrauliche Geburt“ eingeführt worden. Seit dem 1. Mai 2014 wurden insgesamt 345 derartige Geburten gezählt.
Eine Zwischenbilanz:
Welchen Sinn soll die „vertrauliche Geburt“ haben?
Überforderung, finanzielle Probleme, gewalttätige Väter - es gibt verschiedene Gründe, warum Frauen ihr Baby weggeben und unerkannt bleiben wollen. In solchen Fällen ist die Babyklappe eine mögliche Option, aber keine unproblematische: Die Frauen bringen ihr Kind nämlich alleine zur Welt - ohne medizinische Betreuung. Zudem wird den Kindern damit jede Möglichkeit genommen, jemals etwas über ihre Herkunft zu erfahren. Bei der „ vertraulichen Geburt“ haben sie nach ihrem 16. Geburtstag das Recht, den Namen der leiblichen Mutter zu erfahren. Zudem wird der Geburtsvorgang von Ärzten oder einer Hebamme begleitet.
Hat sich dieses Verfahren bewährt?
Im Großen und Ganzen schon - dem Ministeriumsbericht zufolge ist nämlich parallel zu den 345 „vertraulichen Geburten“ die Zahl jener Säuglinge gesunken, die anonym am Straßenrand oder in einer Babyklappe abgelegt wurden. Nicht nur Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) sieht deshalb die Ziele erreicht. Auch die Grünen, die das Vorhaben ursprünglich kritisch beurteilt hatten, ziehen eine positive Bilanz: „Die Skepsis, inwieweit Frauen - die sich häufig in sehr großen Notlagen befinden - das intensive Beratungsverfahren überhaupt annehmen und auch akzeptieren, dass die Kinder später ein Auskunftsrecht haben, hat sich damit nicht bestätigt“, sagte Grünen-Fraktionsvize Katja Dörner der Deutschen Presse-Agentur.
Gibt es trotzdem Verbesserungsbedarf?
Neben einer verbesserten Sexualaufklärung zur Vermeidung ungewollter Schwangerschaften will Barley vor allem die Beratungsmöglichkeiten noch bekannter machen als bisher. Dabei war parallel zur „vertraulichen Geburt“ ein neues Hilfetelefon eingerichtet worden, bei dem in den vergangenen drei Jahren mehr als 16 000 Beratungsgespräche geführt wurden. In drei von vier Fällen konnten die Betroffenen an Beratungsstellen vor Ort verwiesen werden.
Zu welches Ergebnissen führt diese Schwangeren-Beratung?
Die Wissenschaftler haben 1277 Beratungsfälle ausgewertet - nur 19,5 Prozent der Frauen entschieden sich am Ende für die „ vertrauliche Geburt“. In mehr als 40 Prozent der Fälle mündete die Beratung hingegen in einer reguläre Geburt: Bei 15,3 Prozent wurde das Kind anschließend zur Adoption freigegeben, 25,9 Prozent der Frauen entschieden sich sogar für ein gemeinsames Leben mit dem Kind.
Wie läuft eine „anonyme Geburt“ konkret ab?
Das Jugendamt nimmt das Baby in Obhut und macht sich auf die Suche nach Adoptiveltern. Der Name der leiblichen Mutter wird unterdessen in einem versiegelten Umschlag verwahrt, den niemand öffnen darf - außer dem Kind, wenn es 16 Jahre alt ist. In Ausnahmefällen kann die Mutter sogar vor Gericht durchsetzen, dass sie dauerhaft anonym bleibt. Dafür müsste allerdings ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre persönliche Freiheit bedroht sein.
Service:
Hilfetelefon „Schwangere in Not“: 0800 40 40 020