Geduld und dickes Fell: Eine Anleitung für Stiefeltern

Kiel (dpa) - Patchworkfamilien sind längst keine Seltenheit mehr: Wenn sich Eltern trennen und neu verlieben, dann ergeben sich häufig bunt-zusammengewürfelte Familienkonstellationen. Nicht immer ist das einfach.

Foto: dpa

„Eine Patchworkfamilie zu sein, bedeutet erstmal, viele verschiedene Leute unter einen Hut zu bekommen“, sagt Diplom-Psychologin Svenja Lüthge. Oft setzten sich die neuen Lebensgefährten selbst unter Druck, wenn sie die Kinder des Partners kennenlernen, schildert Lüthge. Wer ein paar Dinge im Hinterkopf behält, der hat es leichter, eine harmonische Beziehung aufzubauen.

Für einen guten Start ist es zunächst wichtig, nicht sofort eine Vater- oder Mutterrolle zu beanspruchen, rät Lüthge. „Man sollte versuchen, den Kindern erst einmal als Freund zu begegnen, Interesse zu zeigen, Fragen zu stellen.“

Die beste Strategie für eine harmonische Beziehung zu den Kindern ist ein Mix aus Angebot und Zurückhaltung, meint Ulric Ritzer-Sachs von der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung. Um materielle Dinge sollte es dabei nicht gehen: „Wer anbietet, Fußball zu spielen, ins Kino zu gehen oder bei den Hausaufgaben zu helfen, zeigt: Ich bin hier, und ich habe Interesse an dir.“

Gleichzeitig ist es wichtig, ein Nein zu akzeptieren und sich zurückzunehmen, wenn einen das Kind ablehnt. Persönlich nehmen sollten Stiefeltern Gegenwind von den Kindern aber nicht: Der Satz „Du hast mir gar nichts zu sagen“ ist ein Klassiker und häufig auch ein Test, meint Ritzer-Sachs. Gerade wenn die Kinder im Grundschulalter oder in der Pubertät sind, wollen sie ausprobieren, wie weit sie bei dem neuen Partner gehen können.

Eine Patchworkfamilie kann aus den unterschiedlichsten Situationen heraus entstehen: Manche Kinder haben einen Elternteil nie kennengelernt, manchmal ist ein Elternteil verstorben. Meistens geht allerdings eine Trennung der Eltern voraus. Dann gehören zu den leiblichen Eltern weiterhin Vater und Mutter - auch nach dem Auszug eines Elternteils und nach dem Beginn einer neuen Partnerschaft, betont Ritzer-Sachs. „Auch der getrenntlebende Elternteil gehört mit an den Tisch, wenn es um das gemeinsame Kind geht.“

Besonders wichtig ist es, den engen Kontakt zwischen diesem Elternteil und dem Kind zu fördern: „Man muss den Kindern vermitteln, dass sie sich nicht zwischen dem leiblichen Elternteil und dem neuen Partner entscheiden brauchen, sondern dass es etwas Positives ist, beide gern zu haben.“

Dabei sollten die neuen Partner eines im Hinterkopf behalten, meint Sozialpädagogin und Familienberaterin Gabriele Setzwein: Ihre Beziehung zu den Kindern wird immer eine andere bleiben, als die Beziehung der leiblichen Eltern zu den Kindern. „Zwischen Kindern und Stiefeltern kann eine vertraute, enge und liebvolle Bindung entstehen - aber so intensiv wie zwischen Kindern und leiblichen Eltern wird sie nicht.“

Doch egal, wie sehr man sich wünscht, von den Kindern des Partners gemocht zu werden - Sympathie kann man nicht erzwingen. Wenn die Chemie nicht stimmt, kann es helfen, sich ein anderes Ziel zu setzen: „Sich zu sagen: Eine Rama-Familie werden wir nicht, aber wir haben eine gemeinsame Basis, teilen Regeln, Werte und akzeptieren einander - das kann die Situation entspannen und ist manchmal einfach realistischer.“