Klavier oder Saxofon: Im Alter Instrumente lernen

Münster/Hannover (dpa/tmn) - Richtig in die Tasten hauen oder der Posaune Töne entlocken: Ein Instrument spielen lernen funktioniert auch im Alter. Fortschritte dauern zwar etwas länger als in jüngeren Jahren.

Doch das Musizieren hält fit und vertreibt trübe Stimmung.

Ein Instrument lernen - das ist nicht nur etwas für Kinder und Jugendliche. Auch ältere Männer und Frauen können frühere Erfahrungen mit einem Musikinstrument auffrischen oder es zum ersten Mal lernen. Grundsätzlich können Senioren fast jedes Instrument spielen. Ein paar Unterschiede zu jüngeren Musikern gibt es aber doch.

„Lernen ist ein Leben lang möglich, auch das Spielen eines Instruments“, sagt Prof. Hans Hermann Wickel, Musikpädagoge und -wissenschaftler an der Fachhochschule Münster. Außerdem habe das Instrumentspielen gleich mehrere positive Nebeneffekte. „Das Musizieren erhält und fördert die Denk- und Konzentrationsfähigkeit und ist gut für die Koordination und Motorik des Körpers.“ Wer ein Blasinstrument spiele, könne durch die spezielle Atemtechnik zudem etwas für seine Gesundheit tun, vor allem für die Atemwege.

„Wichtig ist auch der psychologische Aspekt“, sagt der Experte der Musikgeragogik (musikalische Bildung im Alter). „Immerhin muss man sich zum Spielen und Üben aufraffen und überwinden.“ Das sei besonders dann von Bedeutung, wenn nicht nur einzeln, sondern zusammen mit anderen musiziert werde. „Das Spielen eines Instruments kann soziale Kontakte fördern, wenn man zum Beispiel in einem Seniorenkreis spielt oder sich andere Mitspieler sucht.“ Darüber hinaus empfinden viele durch die Musik und das Musizieren Freude und Erfüllung. „Das Spielen kann gegen traurige Gefühle oder depressive Verstimmungen helfen.“

Erfahrungen mit dem Spielen eines Instruments können von Vorteil sein, sagt Josef Holzhauser, stellvertretender Leiter der Berliner Musikschule Charlottenburg-Wilmersdorf. „Dieses Wissen kann man meist leichter wieder abrufen“. So könne man zum Beispiel schon Noten lesen oder den Takt einfacher einhalten. „Erfahrung ist aber kein Muss, denn man kann das Spielen eines Instrumentes auch lernen, wenn man vorher noch nie eins gespielt hat.“

Klavier, Saxofon oder Geige - welches das passende für einen selbst ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. „Meist sind Tasteninstrumente wie Klavier, Orgel oder Cembalo gut für Ältere geeignet“, berichtet Professor Eckart Altenmüller vom Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin in Hannover. Dabei könne man bequem sitzen und müsse keine ungewohnte Haltung einnehmen.

Schwieriger sei es mit der Geige. „Dabei muss man den linken Unterarm deutlich verdrehen, das fällt nicht allen leicht“, sagt der Neurologe und Musiker. Andere Streichinstrumente wie Cello oder Kontrabass seien meist einfacher zu handhaben. Bei den Blasinstrumenten sei von Oboen und Trompeten eher abzuraten. „Da muss man sehr fest hineinblasen, das kann für ältere Spieler schwierig und wegen des Druckaufbaus im Kopf nicht ungefährlich sein.“ Besser seien andere Blasinstrumente wie Posaunen oder Block- und Querflöten, rät der Experte, der selber mit 50 Jahren noch das Barockflöte-Spielen erlernt hat.

Mit einer Musikstunde pro Woche ist es jedoch nicht getan. „Das regelmäßige Üben ist wichtig“, sagt Musiklehrer Holzhauser. „Ältere sollten fünf- bis sechsmal in der Woche etwa eine halbe Stunde üben, auch um die Motorik zu trainieren.“ Denn was Kindern relativ leicht falle, müssten sich ältere Musiker stärker erarbeiten - zum Beispiel Fingerfertigkeit, Beweglichkeit der Gelenke und Elastizität der Muskeln.

Wunder sollte niemand erwarten. „Man darf die Ziele nicht zu hoch setzen“, warnt Professor Wickel. „Man wird keine Beethoven-Sonate lernen, wenn man keinerlei Erfahrung hat.“ Kleine Ziele und kleine Schritte seien besser. „Im Alter kommt man nicht so schnell und so weit voran wie Jüngere.“ Fachmann Altenmüller sieht das ähnlich: „Es sollte nicht darum gehen, so perfekt wie Lang Lang zu spielen“, sagt er. Stattdessen sollte der praktische Bezug im Vordergrund stehen. „Wer wichtige Grundlagen gut beherrscht, kann zu Weihnachten mit dem Enkel etwas vorspielen - das macht mehr Spaß als an schwierigen Stücken zu verzweifeln.“

Literatur:

Wickel, Hans H./Hartogh, Theo: Musizieren im Alter: Arbeitsfelder und Methoden in der Seniorenarbeit, Verlag Schott Music, 164 S., ISBN: 978-3795787332, 17,95 Euro