Machtkampf: Wie Ungleichgewicht in Beziehungen entsteht

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Er bekommt eine gut bezahlte Stelle, sie ein Kind - eigentlich müssten beide glücklich sein. Doch Veränderungen bringen Beziehungen ins Wanken: Die Rollen werden neu verteilt.

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Ein Machtkampf muss dann nichts Schlimmes sein.

Sie oder er „hat die Hosen in der Beziehung an“: Mit diesem Sprachbild wird häufig das Verhältnis zwischen zwei Partnern beschrieben. Der eine bestimmt, wie der Alltag strukturiert ist, wohin es in den Urlaub geht und wie die Freizeit gestaltet wird. Sind beide mit dieser Rollenaufteilung zufrieden, gibt es kein Problem. Das passiert erst dann, wenn ein Partner sich mit der bisherigen Aufteilung in der Beziehung nicht mehr wohlfühlt. Der Auslöser für dieses Unbehagen sind meist große Veränderungen im Leben. Es kommt zu einem Machtkampf.

„Zum Beispiel kann es in einer jungen Familie funktionieren, wenn die Frau sich dem Mann, der das Geld verdient, anpasst“, sagt die Diplom-Psychologin Karin Krause aus Frankfurt. „Sind die Kinder aus dem Haus, stellt die Frau fest: „Ich muss ihm gar nicht mehr folgen.““ Es entstehe ein neues Selbstbewusstsein.

„Fordert ein Partner plötzlich mehr Gleichgewicht, bringt das die Harmonie durcheinander“, erklärt Krause. „Festgefahrene Gewohnheiten lassen wir aber nur ungerne los, weil das Unsicherheit mit sich bringt. Wenn man diese Unsicherheit aber nicht eingeht, bewegt sich nichts.“ Und dann verliere die Beziehung ihre Lebendigkeit.

Wird die Machtbalance der Partnerschaft durch äußere Einflüsse auf die Probe gestellt, ist ein Prozess der Neuordnung also wichtig und richtig. Die heutige Gesellschaft ist trotz zunehmender Emanzipation aber immer noch stark von traditionellen Geschlechtsstereotypen geprägt, erklärt Beziehungsforscher Prof. Hans-Werner Bierhoff von der Universität Bochum. Der Mann ist weiterhin häufig Ernährer und Beschützer. „Dieser Effekt hat sich in den vergangenen Jahren abgeschwächt, aber ist sicher nicht verschwunden.“ Frauen verdienen oft immer noch weniger - und das verschafft dem Mann eine Machtposition.

Machtkämpfe gibt es aber auch in Beziehungen, in denen beide gleichgestellt sind und es keine bedeutenden Einschnitte gibt, erläutert der Paarforscher Prof. Guy Bodenmann von der Universität Zürich. Er beschreibt die Dynamik so: „Zu Beginn einer Partnerschaft ist man verliebt, tolerant und großzügig gegenüber Einstellungen, Verhaltensweisen und den Bedürfnissen des anderen. Mit zunehmender Partnerschaftsdauer verliert sich diese Haltung, und man beginnt, den anderen manipulieren und ändern zu wollen.“ Auch hier entsteht ein Machtkampf, der irgendwie ausgefochten werden muss.

Wie gelingt es also, die Rollen neu zu verteilen? „Wichtig ist, dass sich beide ihrer Rolle und Strategien im Machtkampf bewusst werden und versuchen, daraus auszubrechen“, erläutert Bodenmann. Dazu brauche es konstruktive Gespräche und die Bereitschaft beider, sich fair und gleichermaßen für die Beziehung einzusetzen.

„Paare sollten aufschreiben, was ungleich ist und wo sich einer benachteiligt fühlt“, rät Bierhoff. Je konkreter das ist, umso besser können beide daran arbeiten. Es müsse aber beiden klar sein, dass viele Probleme nicht einfach zu lösen seien. „Beide müssen sich bewegen. Es geht darum, echte Lösungen anzustreben und keine symbolischen.“