Mit Handicap auf Partnersuche

Braunschweig (dpa) - Speeddating oder Partnerbörsen im Netz: Menschen helfen auf der Suche nach dem Traumpartner gern ein bisschen nach. In Braunschweig gibt es ein spezialisiertes Angebot für Menschen mit Behinderungen.

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Die junge Frau wirkt unaufgeregt und selbstsicher. Dabei soll sie über etwas sehr Intimes sprechen: die Liebe und wie man sie findet. Doch Saskia Niemann bleibt souverän. Die 27-Jährige kennt Journalisten. Schon früh gab sie Interviews über sich und ihr Leben. Denn Niemann ist von Geburt an blind.

Dieses Mal geht es um ein besonderes Thema. Niemann sucht über eine spezielle Partnerbörse für Menschen mit Behinderung einen Mann. Treu und ehrlich soll er sein. „Das sind für mich die zwei wichtigsten Eigenschaften bei einer Partnerschaft.“

Als sich Niemann im März bei der sogenannten Schatzkiste in Braunschweig anmeldet, muss sie einen Fragebogen ausfüllen. Welche Art von Beziehung wünscht sie sich? Wo soll der Traumpartner wohnen? Wie soll er aussehen? Welches Temperament soll er haben? All das kennt man von gängigen Partnerbörsen. Doch bei der „Schatzkiste“, einem Angebot der Evangelischen Stiftung Neuerkerode, gibt es auch speziellere Fragen.

So soll Niemann angeben, welche Art der Behinderung ein möglicher Partner haben darf - oder eben nicht. Auch diese Frage sei wichtig, meint „Schatzkisten“-Macher Dirk Poppinga. Denn manchmal gebe es Vorbehalte, beispielsweise würden mögliche Beziehungen zu Menschen mit seelischen Behinderungen öfter hinterfragt. „Da haben viele Befürchtungen.“

Seit mehr als acht Monaten gibt es die „Schatzkiste“ nun. Rund zwei Dutzend Dates hat es laut Poppinga seitdem gegeben. Bei etwa einem Drittel kamen weitere Treffen zustande. Freundschaften seien entstanden. Ein festes Paar gebe es bislang nicht. „Das wäre auch zu viel erwartet.“

Poppinga ist dennoch zufrieden. Schließlich soll die „Schatzkiste“ in erster Linie ein geschützter Raum fürs Kennenlernen sein. Denn das Sicherheitsbedürfnis sei bei Menschen mit Behinderung besonders hoch. Die Treffen würden anfangs von Mitarbeitern begleitet. Die könnten beispielsweise helfen, einen Korb zu verkraften.

Neben der klassischen Partnerbörse, bei der Sozialpädagogen zwei Menschen einander für ein Rendezvous zuweisen, gibt es auch eine offene Runde. Bei der sogenannten Schwatzkiste können sich Menschen mit Behinderungen in lockerer Atmosphäre kennenlernen. Das nutzen hauptsächlich die Männer. Bislang gibt es rund 55 feste Anmeldungen - weniger als 15 davon sind Frauen. Man sei überrascht gewesen, „dass der männliche Teil einen solchen Zulauf hat“, sagt Poppinga.

Spezialisierte Partnerbörsen wie die „Schatzkiste“ seien ein guter Einstieg, um sich auf die Suche nach einem Partner zu machen, meint Karl Finke. Er ist der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen. „Ich bin schon der Überzeugung, dass Menschen mit Behinderung größere Probleme haben bei der Partnersuche und bei der Partnerwahl.“ Durch solche Börsen würden Ängste aber abgebaut.

Finke würde Partnerbörsen wie die „Schatzkiste“ speziellen Angeboten im Netz vorziehen. Denn dort sei das Risiko größer. „Ich kenne viele, die da unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Positiv wie negativ.“ Manche seien emotional ausgenutzt worden, andere hätten erfreuliche Begegnungen gehabt. „Eine Partnerwahl über das Internet ist eben auch ein bisschen Lotterie“, sagt Finke.

Saskia Niemann mag nicht im Netz nach einem Partner suchen. „Da hab ich Angst. Das würde ich auch nicht ausprobieren“, sagt sie. Man wüsste nie, wer sich wirklich hinter den Leuten verbirgt. Bei der „Schatzkiste“ werde hingegen darauf geachtet, dass man jemanden Vernünftigen findet und nicht alleingelassen wird. Noch hat es für Niemann nicht gefunkt. Bei der vergangenen Schwatzkiste war aber Sven da. „Der ist mir doch sympathisch gewesen.“