Warum Kinder quengeln

Für Eltern ist der Grund des Leidens oft nicht nachvollziehbar. Sie sollten jedoch nicht die Geduld verlieren.

Nürnberg. Nein, bitte nicht! Nicht schon wieder. Das Stimmchen verzerrt sich. Ein vor kurzem noch liebreizendes Kind fordert und nölt, sein Jammern schwillt an, steigert sich in eine nahezu unerträgliche Frequenz, bis die Nerven der Eltern blank liegen. "Jetzt hör endlich auf zu quengeln!", brüllt dann auch ein gewöhnlich recht beherrschter Mensch. Quengelnder Nachwuchs kann Eltern auf die Palme treiben. Doch wie reagiert man am besten?

"Erstmal tief durchatmen oder in Gedanken bis zehn zählen", rät Eva Rhode, Familientherapeutin. Fangen Eltern an mitzuquengeln, ist das eher kontraproduktiv. Im zweiten Schritt sollten Eltern die Situation hinterfragen: "Was ist eigentlich los? Was ist der Grund für den Unmut des Kindes?"

Erziehungsexperten sehen Quengeln als einen ganz natürlichen Ausdruck von Kindern an. "Kinder teilen darüber Bedürfnisse mit", erklärt der Diplom-Psychologe Thomas Harms. Die unzureichende Befriedigung eines Bedürfnisses verursache Stress. Der führt zu einer erhöhten Körperspannung. "Die wird von den Kindern als unangenehm erlebt, und das äußern sie in Quengeln."

Auto Die Familie sitzt im Auto, schon jammert der Nachwuchs:Kinder lebten im Hier und Jetzt, erklärt Familientherapeutin Eva Rhode,"sie können Bedürfnisse schlecht aufschieben." Im beschriebenen Fallhaben sie das Bedürfnis nach Bewegung und Ablenkung. Neben regelmäßigenlängeren Pausen rät sie, etwas zu spielen. Auch gemeinsames Singen undHörspiele könnten helfen, lange Fahrten erträglicher zu machen.

Supermarkt Beim Besuch im Supermarkt will das Kind unbedingtSüßigkeiten: In diesem Fall sollten Eltern versuchen, den Begriff des"Quengelns" durch den des "Aushandelns" zu ersetzen, empfehlen dieExperten. Kinder lernten sehr schnell, wo ihre Druckmittel liegen, umetwas auszuhandeln. Wird das Quengeln belohnt, indem die Eltern dochirgendwann genervt nachgeben, hat es sich aus Sicht der Kinder als eineerfolgreiche Strategie erwiesen. Es ist also kein Wunder, wenn beimnächsten Einkauf wieder mächtig rumgenervt wird. Eltern sollten alsoklare Ansagen machen - und konsequent bleiben. "Sie dürfen durchauslaut und deutlich sagen: Hör auf, es reicht jetzt."

TV Jeden Abend will das Kind eine weitere Sendung sehen: Ein"Nein" kann schon mal über das Betteln und Jammern hinweg zu einemWutausbruch eskalieren. "Quengeln ist oft eine Vorstufe zu einertieferen emotionalen Reaktion wie Toben, Weinen, Schreien", beobachtetThomas Harms immer wieder. Aber auch in dieser Situation hilft nachAnsicht der Experten nur Konsequenz. Kinder müssten lernen, ein "Nein"zu akzeptieren.

Grundlos Es ist früher Abend - das Kind nörgelt ohne Grund:"Eltern haben oft Mühe, das Quengeln ihrer Kinder richtig zu deuten",sagt Thomas Harms. Statt die Kinder zurecht- und zurückzuweisen,sollten sich Eltern fragen, was ihnen das Kind mitteilen will. Ist esmüde oder braucht es mehr emotionale Aufmerksamkeit? "Das Gute amQuengeln ist doch: Eltern können darüber Zugang zu etwas erhalten, wassie bis dahin nicht wahrgenommen haben."