Bürgersinn und Steuervorteil: Eine Stiftung gründen
Berlin (dpa/tmn) - Kindergartenförderung, Hilfe für bedürftige Künstler oder Erdnussallergie-Forschung: Stiftungen unterstützen viele Ziele. Gründen kann sie im Prinzip jeder. Nur ein wenig Geld sollte vorhanden sein.
Viele Parteien haben eine. Zahlreiche Unternehmer auch. Und inzwischen entdecken auch immer mehr Bürger ihren Sinn fürs Gemeinwohl und gründen eine Stiftung. Deren Anzahl wächst seit Jahren beständig: Ende 2009 gab es nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Stiftungen in Deutschland über 17 000 rechtsfähige Stiftungen mit den unterschiedlichsten Zielsetzungen.
Warum Menschen zu Stiftern werden, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Es gebe in der Regel nicht nur ein Motiv, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Stiftungszentrums, Erich Steinsdörfer. Meist sei es ein ganzes Bündel: „Verantwortung übernehmen, ein Problem bekämpfen, dauerhaft eine bestimmte Institution fördern, der Gesellschaft etwas zurückgeben.“ Oft sei der Grund auch persönliche Betroffenheit - etwa eine schwere Krankheit im Familien- oder Freundeskreis. „Das ist häufig ein Anlass, sich auf medizinischem Gebiet zu engagieren.“
Viele handelten aber auch aus gesellschaftlicher Verantwortung. Zum Beispiel die Bürgerstiftung Berlin. 1999 gegründet, war sie die erste ihrer Art in der Stadt, sagt die Geschäftsführerin Helena Stadler. „Die Stiftung ist spontan nach einem Vortrag des Kriminologen Christian Pfeiffer entstanden. Etwa zwanzig Zuhörer haben sich zusammengeschlossen und zuerst einen Verein gegründet, der sich um das Vortrags-Thema kümmern wollte: Schulverweigerung verursacht Jugendkriminalität. Daraufhin hat der Verein mit Schulschwänzer-Projekten begonnen. Das war damals ganz innovativ.“
Erst später kam die Umwandlung zur Bürgerstiftung: viele Stifter und viele unterschiedliche, lokal verankerte Projekte. Diese Art von Stiftungen ist das momentan am stärksten wachsende Segment. „Selber anpacken, sonst kann man nicht den Anspruch haben, dass es jemand anders macht“ - das ist das Motto von Helena Stadler und vieler anderer Menschen, die sich in Stiftungen engagieren.
Jeder volljährige Mensch kann in Deutschland eine Stiftung gründen, egal ob deutscher oder anderer Staatsbürgerschaft. Allerdings: Geld ist eine Voraussetzung. Viele Stiftungsbehörden gehen davon aus, dass eine rechtsfähige Stiftung mindestens 50 000 Euro Vermögen braucht. Oft reichen aber auch schon 25 000 Euro.
Wichtig bei einer Stiftung ist die Rechtsform. Es gibt Stiftungs-Vereine, GmbHs oder Stiftungen bürgerlichen Rechts. „Ein rechtsfähige Stiftung gemäß den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist das, was man als klassische Stiftung bezeichnen kann“, sagt Hans Fleisch vom Bundesverband Deutscher Stiftungen.
Ein großer Unterschied besteht zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Stiftungen. Letztere nennt man Treuhand-Stiftungen. Sie müssen im Gegensatz zur rechtsfähigen Stiftung nicht staatlich anerkannt werden und unterliegen auch keiner Aufsicht. Nur die Gemeinnützigkeit wird vom Finanzamt überprüft. Alle Kontrolle liegt beim Treuhänder. Dadurch ist die Verwaltung weniger aufwendig, auch wird weniger Kapital benötigt. „Treuhandstiftungen sind eine Art Stiftung light: kleiner und flexibler, aber eben ohne die Sicherheit, die mit der Stiftungsaufsicht einhergeht“, erklärt Fleisch.
Eine rechtsfähige Stiftung unterliegt der Stiftungsaufsicht. Die wird in den Gesetzen der einzelnen Bundesländer festgelegt. Das hat Vorteile, sagt Fleisch. „Denn das heißt: Wenn ich mich nicht mehr als Stifter engagiere oder engagieren kann, passt sie auf, dass mein Stifterwille berücksichtigt wird. Der Nachteil: Mein Stifterwille kann sich ja im Laufe der Zeit ändern - und die Aufsicht meinen ursprünglich fixierten Willen gegen meinen jetzigen durchsetzen, wenn ich nicht in der Satzung eine gewisse Flexibilität vorgesehen habe.“ Andere Stiftungsformen wie eine Treuhandstiftung oder eine Stiftungs-GmbH seien auf diesem Gebiet flexibler, was nach Ableben des Stifters aber nicht unbedingt in seinem Sinn sei.
Sowohl Hans Fleisch als auch Erich Steinsdörfer raten, sich vor der Stiftungsgründung einen Berater zu suchen, der unabhängig ist und sich sowohl mit stiftungspraktischen als auch mit juristischen Dingen auskennt. Die Mitglieder der Stiftung Fledermaus in Thüringen beispielsweise informierten sich in Grundsatzdingen im Internet, befragten befreundete Stiftungen. Das Ergebnis war eine selbstständige Stiftung bürgerlichen Rechts, so wie die Bürgerstiftung Berlin.
Die größte Herausforderung ist für viele Stiftungsgründer die Verwaltung. „Wir arbeiten mittlerweile mit mehr als 300 Ehrenamtlichen. Wir haben viele Reibungsflächen mit Behörden und müssen gleichzeitig stetig Geld akquirieren“, sagt Helena Stadler von der Bürgerstiftung. Trotz der Schwierigkeiten hat sich die Stiftung als haltbar erwiesen. „Nicht mehr alle Gründungsmitglieder sind noch dabei. Aber manche kommen wieder, aus Gründerstolz.“