Auslaufendes Geschäftsmodell Nachfrageflaute und Zinstief setzen Riester-Anbietern zu

Frankfurt/Main (dpa) - Die einst als Ausweg aus dem Renten-Dilemma gefeierte Riester-Altersversorgung ist in die Jahre gekommen. Die Nachfrage nach dem staatlich geförderten Zusatzplus für den Ruhestand schwächelt, bei Versicherern wächst die Skepsis.

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Was sind die Gründe?

Mehr als 16,5 Millionen Riester-Verträge wurden seit der Einführung vor 15 Jahren geschlossen. Zusammen mit Produkten wie Banksparplänen, Fondssparplänen oder dem 2008 eingeführten „Wohn-Riester“ sind nach einer Untersuchung unter Federführung des Ökonomen Axel Börsch-Supan inzwischen über 5000 verschiedene Verträge auf dem Markt.

Doch seit 2013 stagniert die Verbreitung mehr oder weniger, insbesondere der klassischen Riester-Rentenversicherung. Der Großteil der Verträge beruht darauf und ist damit vom Zinstief betroffen. „Das Modell ist für Kunden wegen sinkender Renditen unattraktiver geworden“, sagt Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata.

Auch bei den Anbietern scheint die Begeisterung zu sinken. So legt beispielsweise die Öffentliche Lebensversicherung Braunschweig ihr Riester-Neugeschäft vorerst auf Eis. Als Grund nennt das Unternehmen sinkende Nachfrage und kostenintensive Regularien zum Jahreswechsel. Einen Wiedereinstieg schließen die Braunschweiger aber nicht aus.

Auch bei den zum Talanx-Konzern gehörenden PB Versicherungen heißt es, die Nachfrage sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Eine Wiedereinführung des Riester-Lebensversicherungsproduktes sei jedoch denkbar, sollten sich wieder größere Marktchancen abzeichnen.

Ein Problem der Branche: Die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit lassen sich in der Zinsflaute am Kapitalmarkt kaum noch erwirtschaften. Zugleich muss mindestens der Erhalt der eingezahlten Beiträge fest zusagt werden, sonst bekommen die Versicherten keine staatliche Zulage.

„Den Garantiezins verbunden mit der Pflicht zum Beitragserhalt können die Anbieter nur noch für lange Laufzeiten darstellen“, erklärt Heermann. Hinzu komme der relativ große Verwaltungsaufwand für Riester. „Es ist daher nicht erstaunlich, dass sich Anbieter mit einer hohen Kostenstruktur aus dem Geschäft zurückziehen“.

Die Verbraucherschützerin Dorothea Mohn sieht darin kein Problem: „Es gibt genug Anbieter.“ Für Verbraucher lohne sich Riester dann, „wenn die passende Produktart gewählt wurde und man einen guten Vertrag mit geringen Kosten hat“ argumentiert die Expertin vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Den Durchblick im Tarifdschungel zu behalten, ist allerdings nicht einfach. „Durch die Komplexität der Verträge wird ein Kostenvergleich selbst für Fachleute beinahe unmöglich gemacht“, konstatiert Börsch-Supan. Bei weitgehend gleicher Ausgestaltung gebe es sehr teure und sehr günstige Produkte.

„Bei einem Vergleich von 36 repräsentativen klassischen Riester-Rentenversicherungen hatte der günstigste Anbieter eine Kostenquote von 2,5 Prozent und der teuerste von 20 Prozent“, heißt es in der Studie. Seit dem Jahresanfang soll ein einheitliches Produktinformationsblatt, das Kunden vor Abschluss eines Riester-Vertrages vorgelegt werden muss, für mehr Klarheit sorgen.

Branchenexperte Ulrich Wiesenewsky vom Berater Willis Towers Watson sieht vor allem in dem Aufwand für die Verwaltung der Riester-Zulage den Grund für den Rückzug von Versicherern aus dem Geschäft: „Mit Einführung der Riester-Rente 2002 sind viele Unternehmen eingestiegen, um neue Kunden auch für andere Produkte zu gewinnen.“

Viele hätten im Laufe der Zeit jedoch festgestellt, wie aufwendig die Zulagenverwaltung sei. Die ersten hätten sich in den Jahren 2007/2008 von ihrem Riester-Geschäft getrennt. Andere gaben die Zuglagenverwaltung an externe Dienstleister ab. „Es gibt aber immer noch genug Anbieter, für die Riester zum Kerngeschäft gehört, das gilt vor allem für große Versicherer“, sagt der Experte.

„Der Trend geht angesichts der Zinsflaute wie bei der Lebensversicherung insgesamt allerdings weg von klassischen Verträgen mit Garantiezins.“ Angeboten würden inzwischen zunehmend fondsgebundene Riester-Produkte ohne festes Zinsversprechen.

Aus Sicht von Verbraucherschützerin Mohn ist das problematisch: „Fondsgebundene Rentenversicherungen sind teuer. Hier kommen Kosten aus der Versicherung und des aktiv gemanagten Fonds zusammen, kombiniert mit mangelnder Flexibilität.“ Verbraucher seien mit einem Riester-Banksparplan oder einem Fondssparplan grundsätzlich besser dran. Aus diesen könne man flexibel und vorzeitig aussteigen.

Börsch-Supan kommt zu dem Schluss: „Weder kann von einem Scheitern noch von einem universellen Erfolg geredet werden. Eine Abschaffung der Riester-Rente würde die partiellen Erfolge zunichtemachen.“ Notwendig seien allerdings Reformen.