Niedrige Zinsen locken: Was beim Baugeld wichtig ist
Berlin (dpa/tmn) - Immobilienkredite sind derzeit verlockend günstig. Doch der Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung will gut überlegt sein - denn niedrige Zinsen sind nicht alles. Was Verbraucher bedenken sollten - ein Überblick.
Die Hypothekenzinsen sind vergleichsweise niedrig. Angesichts von Euroschwäche und Rezessionsgefahr erscheint die eigene Immobilie da als ideale Anlage. Doch Verbraucher sollten sich von günstigen Darlehen nicht verführen lassen. „Ob die Zinsen gerade historisch niedrig sind oder nicht, ist überhaupt nicht entscheidend“, warnt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Eine so teure und weitreichende Investition darf man davon nicht abhängig machen.“
Und schon gar nicht sollte man sich zu schnellen Entscheidungen drängen lassen nach dem Motto „schnell kaufen, weil die Zinsen bald steigen“. Das sei reine „Vertriebspropaganda“ der Makler und Banken, die an der Angst vor der Zinsänderung verdienen wollten, warnt Nauhauser. Allerdings stimmt: Die Zinsen sind im Keller und im Sommer noch einmal gesunken.
Aktuell haben sie sogar einen historischen Tiefstand erreicht, wie der Bundesverband deutscher Banken ermittelt hat. Hypothekendarlehen mit einer zehnjährigen Zinsbindung seien derzeit zu Effektivzinsen von im Schnitt unter 3,5 Prozent zu haben. Vor gut zehn Jahren habe der Wert noch über 6 Prozent gelegen.
Bei einigen Banken gibt es zehnjährige Darlehen momentan sogar mit einem Zinssatz von weniger als drei Prozent. „Das ist extrem günstig“, sagt Alexander Nothaft vom Verband der Privaten Bausparkassen. Das Zinsniveau habe einen neuen Tiefstand erreicht und liege deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von rund sechs Prozent. „Wenn man es sowieso vorhatte und wenn die Finanzierung solide ist, dann sollte man jetzt kaufen.“ Denn günstige Zinsen könnten auf lange Sicht einiges Geld sparen.
Das sieht Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ähnlich: Wer weitgehend ohne Kredit auskommt, könne ohnehin wenig falsch machen. „Bei einer kompletten Finanzierung auf Pump dagegen sagen wir: Finger weg!“ Das sind allerdings beides Extremfälle: Die meisten Immobilienkäufer bringen Eigenkapital mit, müssen aber einen Teil der Summe leihen. Wer auf einen Eigenanteil von 30 oder 40 Prozent kommt, sei in der Regel auf der sicheren Seite.
Alexander Nothaft empfiehlt, die Belastung aus Zins plus Tilgung dürfe nicht mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens betragen, damit die Hypothek keine Probleme macht. Wichtig sei, die Raten für den Immobilienkredit aus dem laufenden Einkommen bezahlen zu können, ergänzt Markus Feck. Und zwar auch dann, wenn nach dem Auslaufen des Darlehensvertrags bei der Anschlussfinanzierung möglicherweise höhere Zinsen fällig werden. „Sonst beginnt die Versteigerungswelle in den Neubaugebieten.“
Das Risiko einer unangenehm teuren Anschlussfinanzierung lässt sich verringern, indem der Kreditnehmer von vornherein eine längere Zinsbindung vereinbart - üblich sind bei vielen Banken 5, 10 oder 15 Jahre. „Die ganz langen Verträge über 25 Jahre gibt es heute viel seltener als früher“, sagt Verbraucherschützer Feck. Das liege vor allem daran, dass Bankkunden solche Darlehensverträge inzwischen nach 10 Jahren kündigen dürfen und für die Banken deshalb nicht sinnvoll erscheinen.
Wer sich für eine lange Laufzeit entscheidet, zahlt allerdings auch mehr - die Zinskonditionen sind schlechter. Ob eine kürzere Laufzeit mit niedrigerem Zinssatz oder eine längere mit höherem besser ist, lässt sich nicht pauschal sagen. „Ich würde tendenziell die längere wählen, auch wenn das etwas mehr kostet“, sagt Feck - wegen der Sicherheit, von den niedrigen Zinsen möglichst lange zu profitieren. Die längere ist aber unterm Strich nicht automatisch billiger - sondern nur, wenn die Zinsen zum Beginn der Anschlussfinanzierung deutlich höher sein sollten.
Niels Nauhauser rät aber dringend, auch zu überlegen, wann man schuldenfrei sein möchte - zum Beispiel, weil man in 20 Jahren in den Ruhestand geht. Und nicht zu vergessen, dass es auch nach der letzten Rate finanzielle Belastungen gibt: „Für Reparaturen am Haus etwa.“ Nauhauser empfiehlt daher, tatsächlich so viel zu tilgen, wie man sich leisten kann - damit einen das Darlehen nicht länger belastet, als sein muss.
Ein zentrales Kriterium bei der Auswahl des Kreditgebers ist der effektive Jahreszins. Wenn der besonders niedrig ist, sei allerdings ein kritischer Blick sinnvoll, warnt Markus Feck: „Man sollte genau gucken, ob es nicht versteckte Zusatzkosten gibt.“ Das kann zum Beispiel ein Wertermittlungsentgelt sein - eine Gebühr für ein Schreibtischgutachten zum Wert der Immobilie - oder ein Bearbeitungsentgelt. Das vermeintlich günstigste Angebot ist dann unterm Strich schnell teurer als das der Konkurrenz mit dem etwas höheren Zinssatz.
Auch wenn das Kreditinstitut eine Gebühr für das Führen des Darlehenskonto erhebt, verschlechtert das die Konditionen - selbst bei nur zwei Euro im Monat. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Juni 2010 entschieden, dass solche Gebühren nicht rechtens sind (Aktenzeichen: XI ZR 388/10). Es gebe aber nach wie vor Banken, die solche Gebühren versteckt berechnen. „Die mahnen wir ab“, sagt Nauhauser.
Extrem hilfreich dafür, ein Gefühl für die verschiedenen Angebote zu bekommen, ist der Vergleich verschiedener Kreditinstitute. Wer nicht etliche Banken und Sparkassen selbst abklappern will, kann sich an einen Kreditmakler wenden, die es auch im Internet gibt. Sie vermitteln den Kredit - und kassieren dafür vom Kreditgeber. Und mit ihnen kann der Darlehensnehmer auch genau klären, welcher Kredit welcher Bank oder Versicherung am besten zu ihm passt - nicht nur mit Blick auf die Höhe der Zinsen.