Was die Griechenland-Krise für Kleinanleger bedeutet
Berlin (dpa/tmn) - Seit Monaten vergeht kaum ein Tag ohne Nachrichten über die Schuldenkrise in Griechenland. Am 30. Juni läuft das schon zweimal verlängerte Hilfsprogramm aus. Ohne Einigung droht dem Land der Staatsbankrott.
Und dann? Welche Folgen hätte das für Verbraucher? Antworten auf wichtige Fragen:
Ist die Lage in Griechenland eine Bedrohung für andere EU-Länder?
Europa geht es nach Ansicht von Experten wirtschaftlich eigentlich gut. „Das einzige größere wirtschaftliche Problem ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit“, sagt etwa der Leiter des Lehrstuhls für Bank- und Börsenwesen an der Humboldt Universität in Berlin, Prof. Richard Stehle. Seiner Ansicht nach ist die Lage in Griechenland für die anderen Länder der EU in „keiner Weise bedrohlich“.
Die Staats- und Regierungschefs werden außerdem versuchen, eine Lösung für das Problem zu finden, glaubt Marc Tüngler. „Alles andere würde mich wundern“, sagt der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Schließlich wurde schon viel investiert. „Alle sind zu einer Lösung verdammt.“
Müssen sich Verbraucher in Deutschland jetzt Sorgen machen?
Im Moment eher nicht. „Der Unterhaltungswert der Griechenland-Krise ist um ein Vielfaches höher als die realen wirtschaftlichen Bedrohungen, die von Griechenland ausgehen“, findet Prof. Stehle. Die direkten Auswirkungen auf die Depots und Sparanlagen der Bundesbürger werden sich nach Ansicht der Experten eher im Rahmen halten.
Altersvorsorgeprodukte wie Lebens- oder Rentenversicherungen zum Beispiel sind kaum direkt betroffen. Denn kaum ein Versicherer dürfte in griechische Wertpapiere investiert haben. „Sparer sollten aber damit rechnen, dass die Zinsen noch länger niedrig bleiben“, vermutet Tüngler. „Wenn Griechenland pleitegeht, sicherlich noch über zehn Jahre“, ergänzt Prof. Stehle.
Was könnten die direkten Folgen einerPleite sein?
Scheitern alle Verhandlungen, wird sich das aller Voraussicht nach zunächst vor allem auf die Kurse an den Börsen auswirken. „Aktien werden wahrscheinlich darunter leiden“, glaubt Tüngler. Nach Ansicht von Prof. Stehle könnten die Kurse von Aktien in Deutschland gut um zehn Prozent sinken. Denn schon jetzt reagieren die Märkte auf Nachrichten rund um das Thema Griechenland mitunter nervös.
Von langer Dauer muss das aber nicht sein. Die Kurse dürften „bald darauf sicher wieder nach oben klettern“, meint Prof. Stehle. Denn die Probleme Griechenlands werden Europa wahrscheinlich nicht dauerhaft belasten.
„Möglicherweise gibt es bei einer Pleite aber auch ein Aufatmen an den Börsen“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. Auch so eine Reaktion hat es bei ähnlichen Ereignissen in der Vergangenheit schon gegeben. Denn sind die Verhältnisse erst einmal geklärt, könnte das für Wachstumsimpulse in der Wirtschaft sorgen.
Was sollten Sparer tun?
Ruhe bewahren. „Es gibt keinen Grund, in Panik zu verfallen“, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Solange Sie keine griechischen Wertpapiere im Depot haben, müssen Sie eigentlich nichts befürchten.“ Grundsätzlich sollten Anleger ihr Vermögen breit streuen. „Überprüfen Sie im Zweifel ihre Anlagestrategie“, rät die Verbraucherschützerin.
„Wer schon weiß, dass er aus Liquiditätsgründen im nächsten Monat Aktien verkaufen will oder muss, sollte es schon jetzt tun“, rät Prof. Stehle. Wer seine Aktien sowieso noch einige Zeit halten will, muss gar nichts tun. Das Wichtigste: „Keine unüberlegten Käufe von dubiosen Anlageprodukten oder überteuerten Immobilien machen.“