Arm trotz Arbeit? Wie man in die Schuldenfalle rutscht

Wiesbaden (dpa) - In Deutschland drücken viele Menschen zu hohe Schulden. In einer Aktionswoche ab 15. Juni wollen die Schuldnerberater auf die Probleme aufmerksam machen, die unter anderem durch die steigende Zahl ungesicherter Beschäftigungsverhältnisse entstanden seien.

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Hier wichtige Fragen und Antworten zum Thema:

Wann gilt ein Mensch als überschuldet?

Nach der allgemeinen Definition reicht „Überschuldung“ von der psychischen oder finanziellen Überforderung einer Person, ihre Schulden zurückzuzahlen (subjektive Überschuldung) bis zu dem Punkt, an dem Einkommen und Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr decken (absolute Überschuldung bzw. Insolvenz). Das Statistisches Bundesamt wertet allerdings nur Daten von Menschen aus, die bei einer Schuldnerberatungsstelle Hilfe suchen - und die damit einverstanden sind, dass ihre Angaben anonym für die Statistik genutzt werden.

Wer ist besonders gefährdet, sich hoch zu verschulden?

Nach Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) sind bundesweit 3,1 Millionen Haushalte betroffen, in denen 6 bis 7 Millionen Menschen leben. Nach den Erfahrungen der Berater verschulden sich am ehesten die Menschen, die am Arbeitsmarkt die schlechtesten Aussichten auf auskömmliche Jobs haben. Es trifft also gering Qualifizierte eher als Top-Ausgebildete, Junge eher als Alte, Frauen eher als Männer und Ausländer eher als Deutsche. Auch wer einen Beruf in einer Niedriglohnbranche wie zum Beispiel der Gastronomie ausübt, sei überdurchschnittlich gefährdet. Stärker werde der Zusammenhang von Überschuldung und atypischer Beschäftigung, zu der die Sozialverbände Mini-Jobs, Teilzeit, befristete Jobs oder Leiharbeit zählen.

Was ist der Hauptgrund für Überschuldung?

Die Zahlen für 2014 liegen noch nicht vor. 2013 war der Verlust des Arbeitsplatzes Hauptauslöser für die private Überschuldung: Fast jeder Vierte (24 Prozent), der sich nach der Bundesstatistik 2013 in Deutschland wegen seiner finanziellen Probleme beraten ließ, hatte zuvor seinen Job verloren.

Gibt es weitere Gründe?

Ja. Nach den Zahlen für 2013 geraten Menschen am zweithäufigsten nach einer Trennung, Scheidung oder dem Tod des Partners (14 Prozent) in die Schuldenfalle. Auch eine Erkrankung, Sucht oder ein Unfall (13 Prozent) führt häufig zu massiven Geldproblemen. Mehr als jeder Zehnte (11 Prozent) verliert schlicht den Überblick über seine Finanzen, „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ nennen das die Statistiker: „Diese Menschen geben mehr Geld aus, als sie einnehmen. Und zwar für Dinge, die man nicht braucht.“

Wie hoch sind die Schulden im Schnitt?

Im Durchschnitt stehen die Menschen, die 2014 Schuldnerberatungsstellen aufsuchten, mit 34 504 Euro in der Kreide. Das ist etwas mehr als im Vorjahr (32 996 Euro), aber weniger als beispielsweise 2008 (35 967 Euro). Am höchsten verschuldet sind nach den Daten der Statistiker Erwerbstätige, die kein Arbeitslosengeld-II bekommen: Sie haben im Schnitt 47 477 Euro Schulden. Am niedrigsten ist der Schuldenstand bei Hartz-IV-Empfängern, die nicht arbeiten: Sie haben im Schnitt 22 740 Euro Miese. „Allerdings dürfte es dieser Gruppe besonders schwer fallen, die Schulden zurückzuzahlen“, betonten die Statistiker.

Wie kommen die Menschen raus aus der Schuldenfalle?

Hilfestellung bieten bundesweit rund 1400 Schuldnerberatungsstellen. Sie helfen den Betroffenen, ihre Finanzen zu ordnen, prüfen Ansprüche auf Sozialleistungen und beraten zu möglichen Vergleichsverhandlungen mit den Gläubigern oder einer Privatinsolvenz. Wählen die Schuldner diesen Weg über das Gericht, können sie nach drei bis sechs Jahren schuldenfrei sein, je nachdem, wie viel Masse noch vorhanden ist. Die vor einem Jahr in Kraft getretene Reform des Insolvenzrechts hat nach Meinung von Experten aber nicht auf breiter Front zu schnelleren Verfahren geführt. Die Wirtschaftsauskunftei Bürgel rechnet für 2015 mit einem weiteren Rückgang von gut 115 000 auf höchstens 110 000 neue Privatinsolvenzen.