Wie es um die Lebensversicherungen steht

Stuttgart (dpa/tmn) - Wer auf eine Lebensversicherung setzt, ist durch das Niedrigzinsniveau gefährdet. Wenn der Vertrag in wenigen Jahren ausläuft, kann eine vorzeitige Kündigung lohnenswert sein.

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Niedrige Zinsen machen nicht nur Sparern zu schaffen. Auch Versicherungen leiden darunter. „Der jüngste Stresstest der europäischen Versicherungsaufsicht hat gerade gezeigt, dass viele Lebensversicherer durch das Niedrigzinsniveau gefährdet sind“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Die hohen Zinsgarantien der Vergangenheit für Lebensversicherungen sind für die Branche auf Dauer ein Überlebensrisiko.“ Dabei wurde gerade erst ein Gesetzespaket geschnürt, das der Branche helfen soll. Für Kunden bedeutet es vor allem Einbußen.

Der Hintergrund: Mit dem Gesetz zur Lebensversicherungsreform wurden im August die Regeln zur Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven geändert. Diese Reserven entstehen durch hochverzinste Wertpapiere, die ein Versicherer vor vielen Jahren gekauft hat. Die Wertpapiere sind wegen der allgemein niedrigen Zinsen im Wert gestiegen, so dass Kursgewinne zu Buche stehen. An diesem Gewinn müssen Kunden, deren Vertrag zur Auszahlung gelangt, eigentlich zu 50 Prozent beteiligt werden. Aufgrund der Reform dürfen Versicherer ihren Kunden jetzt aber die Ansprüche kürzen oder streichen. Voraussetzung ist, dass die Anlagezinsen niedriger sind als die Garantiezinsverpflichtungen für laufende Verträge. Dies dürfte bei allen Gesellschaften der Fall sein.

„Durch die Kürzung der Bewertungsreserven müssen langjährige Kunden jetzt herbe Verluste verkraften“, erklärt der Finanzexperte. Mitunter müssen Verbraucher auf mehrere Tausend Euro verzichten. Ob es sich lohnt, einen Vertrag vorzeitig zu kündigen und ob die Kündigung noch vor Jahresablauf wirksam wird, muss in jedem Einzelfall geprüft werden. „Erkundigen Sie sich bei ihrem Versicherer, wie hoch der Sockelbetrag für die Bewertungsreserven ist“, rät Nauhauser. Eine Sockelbeteiligung wird nämlich im laufenden Geschäftsjahr noch bezahlt, danach dürfte sie weitgehend wegfallen. „Bei einem vertrauensvollen Verhältnis zu ihrer Versicherung werden Sie diese Informationen sicher bekommen.“

Läuft der Vertrag in wenigen Jahren aus, kann eine vorzeitige Kündigung lohnenswert sein. „Angesichts der schwierigen Lage der Branche sollten Kunden die Garantieleistungen noch so lange mitnehmen, solange sie diese erhalten.“ Denn weitere Kürzungen mit Schützenhilfe der Aufsicht und des Gesetzgebers könnten nicht ausgeschlossen werden.

Wer auf der Suche nach Produkten zum Vermögensaufbau ist, sollte aus Sicht von Nauhauser Lebensversicherungen eher meiden. „Die Kosten sind immens, gerade am Anfang“, erklärt der Verbraucherschützer. „Junge Sparer müssen damit rechnen, dass ihr Vertrag die ersten zehn Jahre lang im Minus ist.“ Zum Vergleich: Investieren Verbraucher in einen breit streuenden börsengehandelten Indexfonds zum Beispiel auf den MSCI World Index, sind Verluste in den ersten zehn Jahren die große Ausnahme. „Und auf lange Sicht sind die Chancen auf attraktive Renditen hier weit größer als bei Lebensversicherungen.“