Bei IGeL-Leistungen nicht sofort einwilligen
Berlin (dpa/tmn) - Nicht alle Leistungen beim Arzt werden von der Kasse übernommen. Die sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen zahlt der Patient selbst. Ob sie überhaupt nötig sind, sollte er gut überlegen.
Argumente liefert ein neues Internetportal.
Bekommt ein gesetzlich Krankenversicherter beim Arzt eine Selbstzahler-Leistung angeboten, sollte er nicht sofort einwilligen. Denn bei diesen sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) gehe es vorrangig um wirtschaftliche Interessen von Ärzten, sagte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, am Mittwoch (25. Januar) in Berlin zum Start des neuen Internetportals www.igel-monitor.de. „Das sind keine Leistungen, wo akuter Behandlungsbedarf besteht.“ Medizinisch notwendige, vom Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannte Behandlungen würden immer von der Kasse übernommen.
Versicherte dürften nicht in der Arztpraxis mit IGeL-Leistungen überrumpelt werden, forderte Pfeiffer. Zwingend notwendig sei eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient. Außerdem müsse der Arzt auch darüber informieren, welche Diagnose- und Behandlungsverfahren nach dem Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen möglich sind und über Nutzen und Risiken aufklären. Bekämen Patienten genug Bedenkzeit, könnte es sein, dass sie sich gegen die vielfach medizinisch bedenklichen Angebote entscheiden.
Auf der neuen Plattform können sich gesetzlich Krankenversicherte ab sofort unabhängig über vorerst 24 häufig angebotene IGeL-Leistungen und deren wissenschaftlich fundierte Bewertung informieren. Dazu zählt zum Beispiel Akupunktur zur Vorbeugung von Migräne. Sie wird als „tendenziell positiv“ eingeschätzt, weil sie weniger Nebenwirkungen und weniger Therapieabbrüche im Vergleich zur Standardtherapie mit Medikamenten aufweise. Allerdings gebe es keine Hinweise darauf, dass sie Medikamenten überlegen sei.
Neben ausführlicheren Informationen etwa zur Preisspanne der IGeL oder den Empfehlungen anderer Experten umfasst die Seite auch Abschnitte, die sich ausdrücklich an Experten und Methodiker richten. Nutzen und Schaden jeder Leistung werden in einem Fazit anhand von fünf Kategorien bewertet: „positiv“ bedeutet, der Nutzen überwiegt eindeutig den Schaden, „tendenziell positiv“ heißt, der Nutzen überwiegt geringfügig den Schaden, „unklar“ - Nutzen/Schaden sind unbekannt oder ausgewogen, „tendenziell negativ“ - der Schaden überwiegt geringfügig, „negativ“ - der Schaden überwiegt eindeutig.
Entwickelt wurde die Plattform vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (MDS). Ziel sei es, jeden Monat Informationen über eine weitere IGeL dort einzustellen, sagte MDS-Geschäftsführer Peter Pick. In ein bis zwei Jahren solle es einen großer Teil des IGeL-Marktes abdecken.
Seit Jahresbeginn ist es Kassen gesetzlich erlaubt, manche Individuellen Leistungen in ihre Satzung aufzunehmen und anzubieten. Dazu zählen zum Beispiel Impfungen vor Fernreisen oder bestimmte Früherkennungsuntersuchungen.