Der Engel ist tot Deutsche Lepra-Ärztin Ruth Pfau in Pakistan gestorben

Islamabad (dpa) - 1960 kommt eine junge Ärztin nach Pakistan. Es ist mehr ein Zufall, dass sie dort landet. Sie bleibt fast 60 Jahre und rettet zehntausende Leben. Das wäre die Kurzfassung der Abenteuer der Ruth Pfau.

Foto: dpa

In der Nacht auf Donnerstag ist sie im Alter von 87 Jahren in einem Krankenhaus in Karachi gestorben, und am Morgen trauert selbst der pakistanische Präsident. Aber da ist noch mehr über das Leben der Ruth Pfau, „Engel von Karachi“ und „Mutter der Leprakranken“, zu erzählen.

Ruth Pfau war 1929 in Leipzig zur Welt gekommen. Die Entscheidung Ärztin zu werden, war eine aus der Wut geborene. In einer Autobiografie schildert Ruth Pfau es so: „Es war kurz nach dem Krieg, ich muss etwa 17 gewesen sein. Mein kleiner Bruder war schwer krank. Wir hatten kaum etwas zu essen und es gab keinen Arzt. Bis mein Vater mit den Medikamenten zurückkam, war mein Bruder gestorben. Damals bin ich die Kellertreppe hoch und habe mir gesagt: So etwas darf nicht passieren. Jetzt Medizin, tot oder lebendig.“

Ruth Pfau studierte dann unter anderem in Köln und Bonn. Sie wurde Frauenärztin. Damals war sie schon in ihren Orden eingetreten, den „Töchtern vom Herzen Mariä“. Ihren Oberen habe sie gleich gesagt, dass sie „irgendwo ins Ausland möchte“, hat Pfau in einem Interview mal erzählt. In Deutschland habe schon das Wirtschaftswunder in der Luft gehangen. „Mir war klar, Deutschland würde ohne mich auskommen.“

Dass es dann Pakistan wurde, war Zufall. Pfau, damals 29, war eigentlich auf dem Weg nach Indien, blieb aber wegen Visaproblemen in der Hafenstadt Karachi hängen. Dort traf sie in einem Armenviertel zum ersten Mal Menschen, die an Lepra litten - eine chronische Infektionskrankheit, die unter anderem Haut und Nerven angreift.

„Man endete verkrüppelt, verstümmelt, entstellt auf den Straßen einer unbarmherzigen Großstadt als Bettler und in diesem unvorstellbaren Lepra-Ghetto“, schrieb Pfau in einem ihrer Bücher. Pfau ging an die Arbeit. In einer Bretterbude behandelte sie ihre ersten Patienten. Es gibt Fotos aus jener Zeit, eine schmale junge Frau in Weiß, die lebhaft gestikulierend im Slum mit Ärzten und Patienten spricht.

Später wurde aus der Bretterbude, mithilfe von Spenden aus Europa, ein Krankenhaus, das zur Keimzelle des nationalen Lepra-Programms wurde. 1979 wurde Ruth Pfau Beraterin der Regierung im Rang einer Staatssekretärin, heißt es auf der Webseite ihrer Stiftung. 1988 wurde sie Ehrenbürgerin. Sie hatte sich als erste um ein Problem gekümmert, „vor dem die anderen eine wahnsinnige Angst hatten“, erinnerte Pfau sich später in einem Gespräch mit dem „Deutschen Ärzteblatt“.

Mehr als 50 000 Leprakranke seien dank ihrer Arbeit geheilt worden, heißt es auf der Webseite des Hauptförderers von Pfaus Arbeit, der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW). Lepra gilt in Pakistan heute als weitgehend besiegt. Pfau hat trotzdem weitergearbeitet und sich mit ihrem Hilfswerk von rund 150 Zentren auch um Blinde, Tuberkulosekranke und andere gekümmert. Sie bekam für ihre Arbeit auch in Deutschland viele Auszeichnungen, darunter das Große Bundesverdienstkreuz, den Albert-Schweitzer-Preis und den Fernsehpreis Bambi als „Stille Heldin“.

Besonders gefallen hat ihr die Aufmerksamkeit allerdings nicht. „In der Regel würde ich mir wünschen, dass ich nicht geehrt werde, denn ich muss doch dann immer zum Frisör und mir neue Schuhe kaufen“, hat sie in einem Interview mal gesagt.

Ruth Pfau habe sich schon seit Monaten nicht mehr wohl gefühlt, sagte ihre Mitarbeiterin Salwa Zainab am Donnerstag. Trotzdem habe sie bis fast zuletzt noch an Projekten mitgearbeitet. Am 19. August wird sie in Karachi mit einem Staatsbegräbnis beigesetzt.