Grenzenlose Medizin - Informationstechnik für Arzt und Patient
Flensburg (dpa) - Ob herzkranker deutscher Tourist im Urlaub in Litauen oder einsamer Landarzt in Schleswig-Holstein - vom Einsatz moderner Technik im Medizinwesen können viele profitieren. Zwei EU-geförderte Projekte zeigen Möglichkeiten auf.
eHealth - viele Menschen haben den Begriff wohl schon einmal gehört. Doch was bedeutet das wirklich, welche Vorteile verschafft es Patienten und Ärzten? Akzeptanz für diese Form der medizinischen Betreuung soll das vom Regionalfonds der EU geförderte Projekt „ICT for Health“ unter Federführung der Fachhochschule (FH) Flensburg erreichen. Neben Deutschland waren zum Beispiel Dänemark und Russland an dem Projekt beteiligt.
Getestet wurde die elektronische Kommunikation zwischen Arzt und Patient etwa im Diakonissenkrankenhaus in Flensburg. Das Projekt befasste sich zwischen 2009 und 2012 unter anderem mit dem sogenannten Telemonitoring bei älteren Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz.
„Blutdruck, Gewicht, EKG“ - Roland Trill, Projektleiter und Professor für eHealth an der FH Flensburg, erläutert die relevanten Daten, die Patienten zu Hause erhoben und dann über internetbasierte Portale an den Arzt weiterleiteten. Der Patient wiederum sei aufgeklärt worden, was passiere, wenn Medikamente nicht genommen werden. „Dann wurde ausgewertet: Nutzen sie das, machen sie das, fühlen sich die Menschen sicher?“
Ein weiterer Aspekt sei die Anwendung von „VivaPort“ gewesen, das Menschen mit Herzinsuffizienz Mobilität im Ostseeraum ermöglichen soll. Die Patienten „trauen sich oft nicht zu reisen“, erläutert Trill. Denn wer im Ausland gesundheitliche Probleme etwa auf Litauisch schildern soll, kann in gefährliche Situationen geraten. Mit „VivaPort“ könnten Ärzte im Baltikum Daten des Patienten in ihrer Muttersprache abrufen.
Gut 2,6 Millionen Euro gab der Regionalfonds für das Projekt. In Deutschland sei eHealth noch ein schwieriges Thema, sagt Trill.
Eine höhere Akzeptanz hat Prof. Bosco Lehr vom Institut für eHealth und Management im Gesundheitswesen bei dem von ihm geleiteten Projekt „PrimCareIT“ erlebt. Dabei gehe es nicht allein um die Forschung, sondern auch um Nachhaltigkeit, erläutert der Professor. „Health Professionals“, also Ärzte, aber auch etwa Krankenschwestern mit erweiterten Befugnissen sowie Therapeuten erlebten gerade im ländlichen Raum oft eine Isolation. Junge Ärzte seien auf dem Land wie abgeschnitten, sagt Lehr, und könnten nur schwer eine Zweitmeinung einholen.
Telementoring und Telekonsultation sollen Abhilfe schaffen. „Ähnlich wie eine Videokonferenz“ laufe die Unterredung ab. In Litauen beispielsweise arbeiteten die Ärzte mit Tablet-Computern und konnten im Bereich Dermatologie veränderte Hautpartien screenen. Die an Kollegen weitergereichten Aufnahmen ließen dann eine rasche Abklärung zu, ob es sich um Tumore handelte.
Knapp 2,6 Millionen Euro betrug das Gesamtbudget für PrimCareIT, etwa die Hälfte stammte aus EU-Fördertöpfen. Ende März endete das Projekt nach zweieinhalb Jahren. „Wenn es das Projekt nicht gäbe, könnten die neuen Methoden und Technologien nicht grenzüberschreitend getestet und weiterentwickelt werden“, sagt Lehr.
Um die Verwaltung der EU-Mittel kümmern sich in Schleswig-Holstein verschiedene Ministerien. Das Wirtschaftsministerium verwaltete in der Förderperiode 2007 bis 2013 insgesamt 474 Millionen Euro. Im Bereich Landwirtschaft erhielt Schleswig-Holstein 2013 laut zuständigem Ministerium 53 Millionen Euro EU-Mittel für den ländlichen Raum. Direktzahlungen an Landwirte machten 335 Millionen Euro aus. Es gibt auch grenzüberschreitende Projekte, die im Rahmen von INTERREG-Programmen gefördert werden.