Handgepflückte Aromen - Weißer Tee steht hoch im Kurs
Berlin (dpa/tmn) - Volker Bruns gießt mit einer sicheren Bewegung den Tee auf und dreht die Sanduhr um. Mehr als zwei Minuten soll er nicht ziehen. Das Wasser ist nicht kochend heiß, sondern hat nur 80 Grad.
Im Filter der schlanken weißen Porzellankanne sind Blätter vom White Dreams of Darjeeling. Das ist ein weißer Tee aus dem Anbaugebiet im Norden Indiens. Weil weiße Tees in den vergangenen zwei Jahrzehnten weltweit immer beliebter geworden sind, wird er längst nicht mehr nur in China produziert, wo er ursprünglich zu Hause ist.
Weißer Tee gehört zum Highend im Teesortiment: „Das liegt schon daran, dass man für 100 Gramm davon 30 000 Knospen braucht“, erklärt Bruns, der als Tea Master im Fünfsterne-Hotel „Adlon“ in Berlin arbeitet. „Die bekommt man nur in bestimmten Teegärten bei renommierten Teeplantagen und kann sie nur zu bestimmten Zeiten pflücken.“
Schwarze, grüne und weiße Tees kommen alle von der gleichen Pflanze, Camellia sinensis. Das Besondere bei weißem Tee ist, dass er ausschließlich in der Sonne trocknet - und dadurch die naturbelassenste Variante ist. „Er ist nur ganz gering fermentiert“, sagt Volker Bruns. „Und hat im Geschmack einen blumigen, duftigen Charakter.“
Weißer Tee ist zwar in der Regel heller als grüner. Sein Name hat damit aber nichts zu tun. „Der kommt von den Blatt-Knospen, die für den weißen Tee verwendet werden und die einen weiß-silbrigen Flaum haben“, erklärt Monika Beutgen, Geschäftsführerin des Deutschen Teeverbands in Hamburg. „Weil weißer Tee ganz feine Aromen hat, braucht man dafür gutes Wasser, mit sehr kalkigem schmeckt er nicht so gut“, betont Sandra Nikolei vom traditionsreichen Teehandelshaus Ronnefeldt mit Sitz in Frankfurt am Main.
Weiße Tees sind gerade wegen ihres dezenten Geschmacks beliebt und gelten bei manchen Liebhabern als der Champagner unter den Tees. „Ich würde ihn nicht damit vergleichen“, sagt Sandra Nikolei. „Aber weißer Tee ist schon etwas ganz Besonderes, etwas sehr Hochwertiges, aufwendig produziert und auch mit viel Handarbeit.“ Das Herausragende an weißen Tees seien die vielen Aroma-Nuancen: „nicht aufdringlich, süße, zum Teil blumige Noten“. Deshalb plädiert Nikolei auch für Purismus: „Ich liebe zum Beispiel Assam mit Sahne, aber weißer Tee mit Milch - das geht gar nicht. Und Zucker braucht man auch nicht.“
Ganz günstig ist weißer Tee nicht. Für Pai Mu Tan, den Weißtee-Klassiker, sind im Fachhandel um die acht Euro pro 100 Gramm eine realistische Größe. Ronnefeldt etwa hat aber auch deutlich teuere weiße Tees im Sortiment. „Und nach oben gibt es bei Tee eigentlich gar keine Grenzen“, sagt Sandra Nikolei. „Die reinen Knospen, handgepflückt und höchste Qualität, da kann der Preis für 100 Gramm sicher bis 100 Euro hochgehen“, ergänzt Monika Beutgen.
Und wann trinkt man weißen Tee? „Eher am Vor- und Nachmittag als am Morgen“, findet Sandra Nikolei. „Vielleicht zu einem Streuselkuchen oder einem Bienenstich.“ Für die Zubereitung empfiehlt Monika Beutgen, sich an die Hinweise auf der Teepackung zu halten - je nach Blattgröße kann es durchaus unterschiedliche Ziehzeiten geben. Generell gilt: Drei Minuten dürften reichen - manchmal auch nur zwei. Länger ist riskant, erklärt Beutgen. „Dann kann auch weißer Tee bitter werden.“
Dass einem das mit weißem Tee nicht passieren könne, ist ein verbreitetes Missverständnis. Und gleich mit noch einem räumt Beutgen auf: Dass sich weißer Tee bedenkenlos auch spät abends noch trinken lässt, ist ebenfalls ein Gerücht: „Die Menge an Koffein in weißem Tee ist vergleichbar mit der in schwarzem und grünem.“