Krankheitsüberträger: Stechmückenforschung wird verstärkt
Hamburg (dpa) - Angesichts der Ausbreitung von Dengue-, West-Nil- und Zikaviren wollen Forscher das von Mücken in Deutschland ausgehende Risiko genauer bestimmen.
Das neue Projekt „CuliFo“ - kurz für Culicidae-, also Stechmücken-Forschung - am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg will die Bundesregierung mit Millionen-Zuschüssen unterstützen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Maria Flachsbarth (CDU), überreichte die Förderbescheide in Höhe von 2,2 Millionen Euro.
Bereits seit 2015 gibt es am Greifswalder Friedrich-Loeffler-Institut das Projekt „CuliMo“, bei dem Stechmücken an 450 Stellen in ganz Deutschland eingefangen werden. Das neue Vorhaben ergänzt dieses Projekt.
„Es besteht Handlungsbedarf“, sagte der Koordinator von CuliFo, Egbert Tannich. Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) sei dabei, sich über den internationalen Warentransport aus Italien in Baden-Württemberg zu etablieren. In einer Kleingartenanlage nahe dem Freiburger Güterbahnhof seien im vergangenen Jahr mehr als 4000 Exemplare dieser Art gefangen worden.
Diese Mücke kann unter anderem die Erreger für Dengue- und Chikungunya-Fieber übertragen. Die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus), die das Virus für Japanische Enzephalitis verbreite, sei bereits 2008 eingeschleppt worden und komme in Deutschland bis nach Hannover vor, so Tannich.
Von den 51 einheimischen Stechmückenarten sei bekannt, dass auch sie zum Beispiel das West-Nil- oder das Usutu-Virus übertragen könnten. Das für den Menschen harmlose Usutu-Virus kam mit den Zugvögeln nach Deutschland, die Übertragung des Erregers durch heimische Mücken führte 2011 zu einem großen Amselsterben in Baden-Württemberg.
Die Forscher wollen die Fähigkeiten der Insekten nun genau untersuchen und eine Risikokarte für Deutschland erstellen. „Das Ziel soll am Ende sein, dass wir besser gewappnet sind“, sagte Tannich. An CuliFo beteiligt sind auch das Friedrich-Loeffler-Institut, die Gesellschaft zur Förderung der Stechmückenbekämpfung (Speyer), die Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung (Frankfurt), die Universität Oldenburg und das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg (Brandenburg).
Die Stechmückenforschung sei über Jahrzehnte vernachlässigt worden, sagte Doreen Walther vom Leibniz-Zentrum. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei Deutschland für malariafrei erklärt worden, damit hatte sich die flächendeckende Forschung erledigt. Infolge von Klimaveränderung und Globalisierung gebe es jetzt wieder eine Gefahr, die gar nicht so abstrakt sei, sagte Norbert Becker von der Gesellschaft zur Förderung der Stechmückenforschung. „Je besser man einen Feind kennt, um so besser kann man ihn bekämpfen“, begründete Becker die neuen Forschungsbemühungen.