Nicht wie eine Ente: So schwimmen Erwachsene richtig
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Der Kopf guckt die ganze Zeit aus dem Wasser, das Gesäß befindet sich irgendwo unter der Wasseroberfläche: Gerade beim Brustschwimmen belasten viele Menschen ihre Wirbelsäule zu stark.
Doch auch Erwachsene können das Schwimmen neu lernen.
Das Seepferdchen-Abzeichen zierte schon vor Jahrzehnten die Badehose, und auch die Freischwimmer-Prüfung ist lange Zeit her: Schwimmen ist hierzulande für viele Erwachsenen kein Problem. Das können sie schon ewig und springen deswegen ziemlich furchtlos in Schwimmbecken und Badeseen. Doch viele machen beim Schwimmen Fehler und belasten ihre Körper dadurch möglicherweise falsch.
„Schwimmen hat den großen Vorteil, dass dabei die Schwerkraft teilweise aufgehoben wird“, sagt Prof. Herbert Löllgen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention in Frankfurt. „Anders als andere Sportarten wie Joggen oder Tennisspielen belastet Schwimmen die Gelenke daher nicht so sehr.“ Außerdem stärke Schwimmen, gerade wenn man mindestens ein paar hundert Meter am Stück schwimmt, das Herz-Kreislaufsystem und könne durch das bewusste Ein- und Ausatmen sogar eine beruhigende Wirkung auf die Psyche haben.
Diese Vorteile kennen viele Erwachsene und ziehen in Hallen- und Freibädern regelmäßig ihre Bahnen. Die meisten bevorzugen dabei das Brustschwimmen. „Das ist die am meisten verbreitete Technik bei uns, weil wir sie als erste gelernt haben“, erläutert Andreas Bieder, Schwimmexperte der Deutschen Sporthochschule Köln. „Allerdings sieht man die Leute häufig in einer sehr steilen Position schwimmen.“ Das heißt: Wie bei einer Ente bleibt der Kopf immer über Wasser und das Gesäß wird Richtung Wasseroberfläche gezogen.
„Das hat aber zur Folge, dass der Nacken stark gebeugt ist und die Rückseite der Halswirbelsäule stark zusammengepresst wird, was wiederum die Halswirbelsäule belastet“, erklärt Bieder, der das Lehr- und Forschungsgebiet Schwimmen leitet. Das könne zu Verspannungen führen. „Die Halswirbelsäule ist bei vielen Menschen durch die Arbeit im Büro und am Schreibtisch sowieso belastet. Da ist es nicht unbedingt gut, wenn sie auch noch beim Schwimmen überanstrengt wird.“
Besser sei daher, beim Brustschwimmen den Kopf immer wieder unter Wasser zu nehmen. „Man atmet über Wasser ein und atmet unter Wasser aus“, sagt Bieder. Der Vorteil: „Die Wirbelsäule ist beim Einatmen zwar gebeugt, wird aber beim Ausatmen gestreckt.“ Das entlaste sehr.
Trotzdem scheuen sich viele, so zu schwimmen. „Viele haben Angst, ihren Kopf unter Wasser zu nehmen“, sagt Beate Ludewig, Trainerin vom Deutschen Schwimmverband in Kassel. Zum einen, weil sie seit Jahren mit dem Kopf über Wasser schwimmen. „Zum anderen, weil es ein Instinkt des Menschen ist, nicht unter Wasser zu gehen.“ Doch daran könne man sich gewöhnen. Zum Beispiel in speziellen Kursen für Erwachsene, die mittlerweile in vielen Städten in Schwimmbädern angeboten werden. Die Nachfrage sei riesig.
Wer mag, kann es selber probieren. „Man kann zum Beispiel zu Hause in der Badewanne üben und das Gesicht erst kurze Zeit, dann länger unter Wasser halten“, sagt Ludewig. Oder es gleich im Schwimmbad testen. „Man sollte am Beckenrand üben und sich an das Gefühl gewöhnen, dass der Kopf unter Wasser geht.“ Erst wenn man sich sicherer fühlt, unter Wasser auszuatmen, sollte man das Schwimmen mit dem Auf und Ab des Kopfes üben. „Man muss sich Zeit lassen und es schrittweise üben.“ Erfahrungsgemäß dauere es etwa zehn Stunden, bis jemand so weit sei. „Und wenn jemand 20 Stunden benötigt, ist das auch egal“, findet die Expertin. „Auf jeden Fall darf man sich nicht schämen, wenn man Angst hat.“
Rückenschwimmen sei eh besser für den Rücken, meinen viele. „Wissenschaftlich nachgewiesen ist das nicht, scheint aber plausibel“, sagt Fachmann Bieder. Schließlich trage das Wasser den Kopf, so dass die Nackenmuskulatur dann nicht angespannt sei. „Dabei ist allerdings wichtig, auch wirklich entspannt zu sein und nicht permanent Angst zu haben, dass einem Wasser übers Gesicht schwappt.“ Denn Angst kann zu Anspannungen führen, auch im Nacken.
Das Kraulen ist noch etwas anders. „Dabei atmet man ebenfalls unter Wasser aus und über Wasser ein, was die Wirbelsäule entlastet“, sagt Löllgen. Doch damit macht man sich in vollen Schwimmbädern, in denen es keine Extra-Bahn für Krauler gibt, nicht nur ziemlich unbeliebt. Vielen fällt die Kombination von Arm- und Beinbewegung und Ein- und Ausatmen nicht ganz leicht. Löllgen rät daher: „Gut ist auch, die Schwimmstile immer wieder zu wechseln, so werden keine Körperteile überlastet.“