Knacken und schlürfen Rezeptideen und Wissen rund um die Auster

Berlin (dpa/tmn) - Falk Landgraff teilt die Menschen gern in zwei Kategorien ein, jedenfalls wenn es um seinen Job geht. Es gibt die einen, die fast jede Mahlzeit stehen lassen würden für die kleinen, etwas schlüpfrigen Tierchen, die er ihnen serviert.

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Und dann gibt es die, die angeekelt das Gesicht verziehen. Landgraff arbeitet als Koch an der Austernbar des Berliner Kaufhauses KaDeWe. Im Schnitt gehen hier 1500 der Meerestiere über die Theke - wohlgemerkt pro Tag.

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Austern gelten in Deutschland als Delikatesse, als verschwenderisches Essen für Reich und Schön. In Frankreich ist das vollkommen anders, sagt Ulrich Wittur, der die Frankfurter Filiale der Handelskette „FrischeParadies“ leitet. Dort werden Austern auf der Straße geknackt. „Die Franzosen verstehen sie als Grundnahrungsmittel.“ Dass sie dazu durchaus das Zeug haben, offenbart ein Blick auf die Inhaltsstoffe: Austern bestehen aus Wasser, Eiweiß, etwas Fett, Vitaminen und Mineralstoffen. Sie gehören zu den besten Zink-Lieferanten und enthalten rund 66 Kalorien pro Stück, also etwa so viel wie ein kleiner Apfel.

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Bis sie ausgewachsen ist, braucht eine Auster dafür aber drei ganze Jahre. Unter anderem das macht sie so teuer. Im Feinkosthandel kosten eher günstige Exemplare rund 1,50 Euro, die teureren das Dreifache.

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Wie die Auster nun zu essen ist, darüber scheiden sich die Geister. Die einen meinen, man muss sie roh und ohne alles schlürfen, andere überbacken sie bis zur Unkenntlichkeit mit Käse. Wird sie roh verspeist, rät Wittur zum Kauen. „Manche stürzen die Auster einfach herunter“, sagt er. Dabei entgehe einem aber der feine nussige Geschmack, der sich erst nach einiger Zeit im Mund entfaltet.

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Christian Lohse, der mit zwei Michelin-Sternen dekorierte Chefkoch des Berliner Restaurants „Fischer's Fritz“ im Hotel „Regent“, plädiert für weniger Dogmen in der Küche. „Wir bestimmen die Auster, nicht sie uns“, ist sein Credo. Sie darf roh gegessen werden, mit einem Spritzer Zitrone und sogar - Puristen müssen jetzt ganz stark sein - gehackt.

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Eine gehackte Auster etwa vermengt Lohse in seinem Restaurant mit einer frisch aufgeschlagenen Sauce Hollandaise. Sie begleitet einen auf Holzkohle gegrillten Steinbutt. „Das Grill-Aroma bildet einen wunderbaren Kontrast zum Meerigen der Auster“, schwärmt er. Für zu Hause empfiehlt der Spitzenkoch zwei kleine gehackte Austern, gerührt in eine Bloody Mary mit geraspeltem Staudensellerie und etwas Zitronenabrieb. Dazu ein Spritzer grüner Tabasco. So wird aus einem Cocktail eine ganze Mahlzeit.

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Falk Landgraff aus dem KaDeWe schlägt Austern-Neulingen vor, die Meerestiere kurz zu blanchieren. Dazu etwas Weißwein oder Reisessig zum Köcheln bringen, die aus der Schale gelöste Auster kurz hineintauchen und wieder herausnehmen. Je nach Jahreszeit kann man sie dann ganz unterschiedlich servieren: zum Beispiel in einer halben frischen Avocado, garniert mit Radicchio. Auch auf einer Kaltschale aus gewürfelten Gurken, Karotten, Fenchel, Apfel und Joghurt macht sich die blanchierte Auster gut. Dazu schmeckt eine Prise Kurkuma.

Saison haben Austern heutzutage übrigens immer. Früher sollte man sie nur in Monaten, die auf „r“ enden, essen - also nicht im Sommer. Das lag unter anderem an mangelnden Kühlmöglichkeiten. Und woran ist eine frische Auster an der Ladentheke zu erkennen? „Vor allem am Gewicht“, erklärt der Austern-Spezialist Landgraff. „Je schwerer die Auster ist, desto besser.“ Das bedeutet nämlich, dass sie gut mit Austernwasser gefüllt ist.

Zu Hause lagert man die Muscheln am besten geschlossen im Kühlschrank. Dabei zeigt die bauchige Seite nach unten, damit die Auster sich öffnen kann, ohne auszulaufen. Beschwert man sie von oben etwas, öffnet sie sich nicht. Spätestens nach ein bis zwei Tagen sollte sie gegessen werden. Dazu die Auster öffnen, das Wasser vorsichtig abgießen und einen Moment warten. „Sie produziert dann neues, frisches Wasser“, erklärt Wittur. Nun kann man das Fleisch mit einer Kuchengabel vorsichtig lösen und aus der Muschelschale schlürfen, wie der Kenner sagt. Dazu passt ein Glas Sekt, Champagner oder Weißwein.