Schleichende Gefahr - Bluthochdruck ist kaum spürbar
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Er ist unsichtbar, man hört ihn nicht, er tut nicht weh. Und trotzdem ist Bluthochdruck die folgenschwerste Gefahr für die Gesundheit. Er verursacht mehr Todesfälle als Krebs.
Etwa 35 Millionen Deutsche haben Probleme mit dem Blutdruck. Aber nur jeder zweite weiß davon, die Dunkelziffer ist hoch. Lange Zeit fühlt man nichts von der schleichenden Gefahr, denn der steigende Druck in den Adern verursacht keine Schmerzen. Das ist das Tückische an dieser Krankheit: Sie verläuft zunächst ohne Symptome. „Oft fühlen sich Patienten, die einen hohen Blutdruck haben, sogar besonders vital und leistungsfähig“, erklärt Prof. Bernhard Schwaab vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung in Frankfurt. „Der hohe Blutdruck fällt häufig erst auf, wenn er Schäden an den Organen verursacht.“
Als optimaler Blutdruck gilt nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Wert von 120 zu 80. Gemessen wird in Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) der obere und der untere Druck, mit dem das Blut im Rhythmus des Herzschlags durch die Adern pulsiert. Im akzeptablen Normalbereich liegen Werte bis 140 zu 90. Was dauerhaft darüber liegt, gilt als Hochdruck, der eine ärztliche Behandlung erfordert.
Spürbar wird der Hochdruck in den meisten Fällen erst, wenn er in die absolute Gefahrenzone über 180 zu 110 steigt. Dann machen sich Kopfschmerzen, Schwindel und Sehstörungen bemerkbar. Das bedeutet höchste Alarmstufe, denn auf längere Zeit nehmen Herz, Nieren, Augen und andere Organe schaden - und es erhöht sich das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.
Als Ursachen gelten einseitige Ernährung, Bewegungsarmut und zu viel Stress. Sie verhärten die flexiblen Muskeln der Adern, verengen den Durchfluss und erhöhen damit den Blutdruck. Im Lauf der Lebensjahre summiert sich das, insbesondere wenn Übergewicht, Nikotin und zu viel Alkohol hinzukommen. Alle Empfehlungen zur Vorbeugung und Behandlung setzen deshalb auch beim persönlichen Lebensstil an. Ungesunde Gewohnheiten zu ändern, ist oft der nachhaltigste Schritt. „Schon mit einer geringen Gewichtsreduktion und etwas mehr Bewegung kann man viel erreichen“, sagt Schwaab. Auch die Deutsche Hochdruckliga macht Patienten Mut, gesünder zu leben. Innerhalb der ersten drei Monate sinke dann bei manchen Betroffenen der Blutdruck schon so weit, dass Medikamente nicht notwendig sind.
Der Deutsche Hausärzteverband nennt Erfahrungswerte: Gesünderes Essen mit wenig Salz, viel Gemüse und Obst kann den Blutdruck um bis zu 20 Punkte auf der Quecksilbersäule senken. Fünf Kilo Übergewicht abnehmen kann den Wert um weitere 10 Punkte verringern, regelmäßiger Ausdauersport wie Joggen, Schwimmen und Radfahren ebenfalls. Kompromisslos sind die Mediziner beim Thema Rauchen: Wer hohen Blutdruck hat, sollte sofort aufhören, weil Nikotin in besonderem Maß zur Verkalkung und Verstopfung der Gefäße beiträgt.
Zur Senkung des Blutdrucks existiert auch eine Vielzahl von Medikamenten. „Für kaum eine andere chronische Erkrankung gibt es so viele gut untersuchte Medikamente“, urteilt die Stiftung Warentest. Einige Arzneimittel entwässern (Diuretika), andere beruhigen den Herzrhythmus (Betablocker) oder erhöhen hormonell die Flexibilität der Adern (ACE-Hemmer).
Die verschiedenen Mittel sind für Patienten mit unterschiedlichem Gesundheitszustand geeignet, beispielsweise für Diabetiker, für ältere Patienten oder für geschwächte Patienten, die bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hinter sich haben. Oft erproben die Ärzte in der Praxis die Kombination mehrerer Wirkstoffe, je nach eventuellen Begleiterkrankungen und den häufig auftretenden Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen. „Der Zukunftstrend liegt bei immer ausgefeilteren Kombinationstherapien“, erläutert der Mediziner Prof. Michael Böhm vom Universitätsklinikum des Saarlandes.
Gleichzeitig raten Hausärzte dazu, sich nicht allein auf die Pharmazie zu verlassen. „Sie können mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt diskutieren, ob wirklich ein Medikament nötig ist“, heißt es auch bei der Stiftung Warentest. Denn die persönliche Einstellung zu Stress, Bewegung und Ernährung spielt ebenfalls eine Rolle.
„In den vergangenen Jahren hat sich das Verständnis der Bluthochdrucktherapie grundlegend gewandelt“, erklärt Thomas Breitkreuz, leitender Arzt des Paracelsus-Krankenhauses in Bad Liebenzell (Baden-Württemberg). „Hoher Blutdruck ist immer Folge einer Kombination aus Konstitution und Lebensstil.“ Deshalb rücken nach seinen Worten konkrete Schritte zur Änderung ungesunder Lebensweisen in den Mittelpunkt der Therapie, wenn der Hochdruck nachhaltig gesenkt und in gesunden Grenzen gehalten werden soll.
Naturheilkundliche Ärzte ergänzen die Behandlung von Bluthochdruck um Heilfasten, Hydrotherapien mit kalten Kneippgüssen und warmen Wannenbädern sowie aktives Üben von Entspannungsmethoden wie Yoga, Meditation und Qigong. Prof. Andreas Michalsen, Chefarzt am Berliner Immanuel Krankenhaus, verweist auf Studien in den USA zum Effekt von therapeutischem Fasten auf Bluthochdruck. Er untersucht derzeit mit einer Studie an der Charité in Berlin, ob auch regelmäßiges Blutspenden sich als ein wirksames Therapieverfahren bei leichtem Bluthochdruck erweist. Erste Zwischenergebnisse bestätigen laut Michalsen den positiven Effekt. Die Endergebnisse der Studie sollen im kommenden Jahr veröffentlich werden.
Literatur:
- Die Deutsche Hochdruckliga bietet verschiedene kostenpflichtige Broschüren an. Zu bestellen über das Telefon: 06221/58 85 50.
- Der Ratgeber „Bluthochdruck heute - Lebensstil, Medikamente, neue Verfahren“ ist für 3 Euro Versandkosten bei der Deutschen Herzstiftung erhältlich. Telefon: 069/955 12 80.
- Stiftung Warentest (Hrsg.): Bluthochdruck. Vorbeugen, erkennen. behandeln, 208 S., 16,90 Euro, ISBN-13: 978-3-86851-117-8