Schönheit: Botox macht gefühlsarm
Die Antifaltenspritze lähmt nicht nur die Mimik, sie beeinträchtigt auch die emotionalen Hirnregionen.
Düsseldorf. Den Einstich merkt man kaum, und dann erschlaffen die Hautmuskeln und das Gesicht ist faltenlos glatt. Allein in Deutschland erfolgt dieser Eingriff über eine Millionen Mal.
Medizinisch sind sie in der Regel unproblematisch, weil die Dosierung niedrig und das Einsatzgebiet begrenzt ist. Im sozialen Miteinander können sie jedoch zu Problemen führen.
Ein Forscherteam des Münchner Klinikums rechts der Isar untersuchte mittels Magnetresonanztomographie, wie die Hirnaktivität beeinflusst wird, wenn man mit Hilfe einer Botoxbehandlung die Mimikmuskeln lähmt.
Das Ergebnis: Die 38 Versuchspersonen zeigten danach nicht nur eine stark reduzierte Gesichtsmimik, sondern auch eine stark nachlassende Aktivität in emotionsverarbeitenden Hirnregionen wie etwa der Amygdala.
Charles Darwin hätte vermutlich dieses Ergebnis nicht überrascht, denn der Evolutionsforscher untersuchte auch die menschliche Mimik - und stellte dabei fest, dass unsere Gefühle stark davon abhängig sind, inwieweit wir sie im Gesichtsausdruck zur Entfaltung bringen: Im Hirn hinter dem starren Gesicht erstarrt schließlich auch das Gefühl.
Die Münchner Untersuchung erbringt nun zusätzlich den neurologisch exakten Nachweis, dass Botox-Spritzen nicht nur die Haut, sondern auch das Gefühlsleben glatt bügeln.
Doch damit nicht genug. Botox beeinträchtigt auch die Fähigkeit, die Gefühle anderer Menschen zu erkennen. David Havas und sein Team von der University of Wisconsin-Madison ließen 41 Probandinnen jeweils 20 ärgerliche, traurige und glückliche Aussagen lesen, einmal ohne und einmal mit vorheriger Botox-Behandlung.
Ein ärgerliche Satz lautete beispielsweise: "Der aufdringliche Vertreter am Telefon lässt sie nicht zum Abendessen zurückkehren." Und ein trauriger: "Sie verabschieden sich von einem guten Freund, den sie nie wieder sehen werden." Sobald sie einen Satz gelesen und verstanden hatten, sollten die Probandinnen eine Taste drücken.
Sie brauchten nach den Botox-Injektionen etwa eine Sekunde länger, um ärgerliche und traurige Texte verstehen zu können. "Das klingt nach wenig", sagt Havas. "aber im Gespräch kann es durchaus ausreichen, um bestimmte emotionale Schwingungen gar nicht erst mitzubekommen."
Immerhin: Das Verständnis für glückliche Botschaften wurde nicht beeinträchtigt. Psychologe Havas könnte sich daher durchaus vorstellen, dass Botox-Anwender glücklicher sind als die konservativen Faltenträger.