So weit die Füße tragen: Wenn Pumps und Pantoffeln schaden
Berlin (dpa) - Eingequetschte Zehen in zu kleinen Kinderschuhen, Stöckelschuhe im Büroalltag und karierte Senioren-Hausschlappen ohne festen Halt: Im Laufe unseres Lebens muten wir unseren Füßen viel zu.
Das hat oft schlimme Folgen für unsere Gesundheit.
Kinder: Spielen und Toben ohne Zehenfreiheit: Nur die wenigsten Kinder tragen Schuhe in der richtigen Größe. „Etwa zwei Drittel der Kinderschuhe passen nicht, der weitaus größte Teil ist zu klein“, sagt Robert Rödl, Chefarzt für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie am Universitätsklinikum Münster. Die Schuhe würden in der Regel eine Saison angezogen, wer durchgehend passende Treter für schnell wachsende Kinderfüße wolle, müsse weit häufiger nachkaufen. „Ansonsten ist das Schuhwerk die Hälfte der Zeit zu klein“, so der Professor.
Sorgen müssen sich Eltern deswegen aber nicht machen, so Rödl. Folgeschäden durch zu kleine Schuhe gebe es nicht. Auch Senk- oder Knickfüße bei Kindern unter sechs Jahren seien kein Grund zur Sorge, das wachse sich aus. „Kinder selber haben keine Probleme, aber die Füße sehen ungünstig aus und damit haben Erwachsene Probleme.“ Erst wenn Fehlstellungen bleiben, sei ein Termin beim Orthopäden sinnvoll.
Erwachsene: Spitze Schuhe und hohe Absätze sehen zwar toll aus, sind aber ungesund für unsere Füße. „Wenn ich dauerhaft auf Zehen laufe, provoziere ich eine Fußfehlform“, sagt Professor Karl-Dieter Heller, Vizepräsident des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie. Bis zu 23 Prozent der Menschen zwischen 18 und 65 Jahren haben nach Angaben von Wissenschaftlern der Orthopädischen Universitätsklinik Tübingen von 2012 einen Hallux valgus, also eine Ballenzehe. Dabei ist der große Zeh verformt. Das führe oft dazu, dass die kleinen Zehen nicht mehr genug Platz haben und nach oben ausweichen. Die Folge: Druck gegen den Schuh und Schmerzen.
Besonders Frauen, die häufig Stöckelschuhe tragen, sind davon betroffen. Einige haben zudem Schmerzen, sobald sie auf flachen Sohlen unterwegs sind. Schuld daran ist die Achillessehne, wie Wissenschaftler der Universitäten Manchester und Wien herausfanden. Sie wird bei manchen Stöckelschuh-Trägerinnen dicker und unbeweglicher. Aber auch wer dauerhaft Einlagen trägt, kann den Fuß laut Heller unterfordern, so dass die Muskeln nicht ausreichend trainiert werden.
Doch nicht jede Veränderung des Fußes gibt Grund zur Sorge. „Die Verformung des Fußes ist ein normaler Alterungsprozess, der sehr viele Menschen betrifft“, sagt Heller. Wenn dazu aber Schmerzen kommen, liege ein Fußschaden vor. Fußgymnastik und Barfußlaufen trainieren den Fuß und helfen, solange es nicht schmerzt. „Es macht Sinn, mal nur Strümpfe anzuziehen in der Wohnung.“
Senioren: Für ältere Menschen können falsche Schuhe sogar zur tödlichen Gefahr werden. So sind Pantoffeln zwar bequem und einfach anzuziehen, bieten aber keinen Halt und Senioren stürzen leichter. „Man kann auf jeden Fall davon ausgehen, dass das Risiko erhöht ist“, sagt Kilian Rapp von der Klinik für geriatrische Rehabilitation am Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus.
In einer Studie untersuchte er mit Kollegen im vergangenen Jahr mehr als 70 000 Stürze in rund 530 Pflegeheimen in Bayern. Eine Erkenntnis: „ Stürze in Schlappen haben häufiger zu schweren Verletzungen geführt.“ Rapp vermutet, dass Senioren in Pantoffeln eventuell mit größerer Wucht stürzen, so dass Betroffene häufiger ins Krankenhaus mussten. Und das kann für ältere Menschen schlimme Folgen haben. „Stürze sind eines der größten Probleme im Alter.“
Besonders gefürchtet seien Knochenbrüche. Der Ärztekammer Nordrhein zufolge stirbt etwa ein Drittel der hochbetagten Patienten innerhalb eines Jahres nach stationärer Behandlung einer Hüftfraktur, etwa die Hälfte der Patienten erlangt ihre ursprüngliche Beweglichkeit nicht mehr zurück. Eine EU-Arbeitsgruppe zur Sturzprävention warnt deshalb Senioren vor dem Herumlaufen in Socken, hohen Schuhen oder schlecht sitzenden Hausschlappen ohne Fixierung.