Der resistente Keim Warum Antibiotika nicht immer wirken

Berlin (dpa) - Antibiotika gegen Schnupfen? Das sollte nicht sein. Und doch verschreiben noch zu viele Ärzte - häufig auch auf Drängen des Patienten - bei Erkältungen ein Antibiotikum, obwohl es bei einer Viruserkrankung nicht hilft.

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Der missbräuchliche Umgang mit dem Medikament gefährdet seine Wirkung.

Was sind multiresistente Keime und wie entstehen sie?

Bakterien entwickeln sich ständig weiter, um zu überleben. Durch die Mutation ihres Erbguts oder die Aufnahme anderer resistenter Gene aus ihrer Umgebung entwickeln sie nach und nach Widerstände gegen Stoffe, die sie eigentlich töten sollen. Multiresistente Bakterien widerstehen einer Vielzahl Antibiotika - mitunter gibt es deshalb kein Antibiotikum mehr, das wirkt.

Wie gefährlich sind diese Keime?

„Die Entstehung und Ausbreitung von Resistenzen gegen Antibiotika hat sich weltweit zu einem gravierenden Problem der öffentlichen Gesundheit entwickelt“, heißt es beim Robert-Koch-Institut (RKI). Dadurch werde die Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten erschwert. Wenn Antibiotika zu oft, über einen langen Zeitraum oder unsachgemäß angewendet werden, begünstigt das die Bildung multiresistenter Erreger.

„Die größte Gefahr besteht darin, dass wir durch zu viele und falsche Antibiotika-Behandlung wirksame und falsche Behandlungen beschädigen“, sagt Hardy Müller, Geschäftsführer des Aktionsbündnis Patientensicherheit. Eine einfache Entzündung könne dann zur lebensgefährlichen Infektion werden.

Wo kann man sich mit diesen resistenten Keimen infizieren?

Resistente Keime kommen häufig in Krankenhäusern vor. Bei der Infektion spielen oft Hygienemängel, vor allem die Händehygiene, eine Rolle. Laut Robert-Koch-Institut kommt es jährlich zu 30 000 bis 35 000 Infektionen mit multiresistenten Keimen in deutschen Krankenhäusern. Davon gehen rund 1500 Fälle (0,3 Prozent) auf Erreger zurück, die gegen fast alle Antibiotika resistent sind.

Wie viele Menschen sterben jährlich wegen Antibiotikaresistenzen?

Laut europäischem Präventionszentrum ECDC werden jährlich bis zu 25 000 Todesfälle in Europa mit Resistenzen in Verbindung gebracht. Nach derzeit bestmöglichen Schätzungen sterben in deutschen Krankenhäusern 1000 bis 4000 Menschen im Jahr an den resistenten Keimen. Andere Schätzungen gehen laut Gesundheitsökonom Gerd Glaeske von der Uni Bremen von bis zu 15 000 Toten aus.

Ist die Versorgung mit wirksamen Antibiotika gesichert?

Nicht immer. Es kommt gerade auch bei Antibiotika immer mal wieder zu Lieferengpässen. Da sich die Herstellung hierzulande kaum mehr rentiert, bilden sich Monopole vor allem im billig produzierenden Ausland. Ende vergangenen Jahres gab es zum Beispiel Lieferengpässe beim Antibiotikum Piperacillin/Tazobactam (Pip/Taz), weil Produktionsstätten eines chinesischen Herstellers explodierten. Hintergrund ist, dass es im Grunde nur noch zwei große Hersteller des Medikaments in China gibt. Pip/Taz ist ein Breitband-Antibiotikum, das vor allem in Krankenhäusern bei schweren Infektionen wie Blutvergiftung eingesetzt wird.

Was wird gegen die resistenten Keime getan?

Es gibt eine ganze Reihe von Initiativen. Die Bundesregierung hat 2008 die Deutsche Antibiotikaresistenzstrategie (DART) entwickelt, vor zwei Jahren wurde mit DART 2020 nachgelegt. Dabei stehen die Beobachtung der Resistenzen sowie des Antibiotikum-Verbrauchs im Mittelpunkt. Beides wird in einer Datenbank erfasst. Unter anderem soll aber auch das Bewusstsein bei Ärzten und Patienten für den richtigen Einsatz von Antibiotikum gefördert werden. Darüber hinaus gibt es etwa die „Aktion saubere Hände“, die seit 2008 für die Verbesserung der Handhygiene kämpft. Auch beim G20-Treffen der Gesundheitsminister waren die Resistenzen ein Thema.