Ballaststoffe und Bewegung Was den Darm wirklich gesund hält
Hamburg (dpa/tmn) - Das menschliche Verdauungsorgan hat eine erstaunliche Karriere hingelegt. Früher sprach niemand so gern darüber. Spätestens seit Giulia Enders' erfolgreichem Sachbuch „Darm mit Charme“ ist das anders.
Dass die Menschen ihrem Darm mehr Aufmerksamkeit schenken, ist auch in den Drogerien und Apotheken gut zu sehen: Allerhand Pülverchen und Kapseln versprechen, das Organ wahlweise gesund zu halten oder ihm wieder zu mehr Aktivität zu verhelfen. Aber wirken solche Mittel wirklich? Braucht man sie? Und was tut dem Darm sonst noch gut?
Das beste Mittel bei einer gestörten Darmtätigkeit ist immer noch eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse und möglichst wenig Fleisch, stellt der Hamburger Internist und Ernährungsmediziner Matthias Riedl klar.
Der Darm ist ein komplexes Organ mit Billionen von Bakterien. Sie bilden die natürliche Darmflora. „Der Darm ist quasi wie ein hochwirksames Biotop im menschlichen Körper“, sagt Prof. Georg Johannes Wechsler, Internist in München und Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM).
Damit diese wertvollen Mikroorganismen im Darm überleben, benötigen sie als Nahrung Ballaststoffe. Sie sind in Obst und Gemüse, aber etwa auch in Vollkornprodukten, Nüssen, Weizenkleie sowie Leinsamen enthalten. 30 Gramm Ballaststoffe braucht der Körper täglich. Dafür müsste man an einem Tag drei Scheiben Vollkornbrot oder 200 Gramm Karotten essen.
Experten unterscheiden zwischen löslichen und unlöslichen Ballaststoffen. Lösliche Ballaststoffe heißen auch Präbiotika und sind vor allem in Früchten und Gemüse enthalten. Sie quellen im Darm, wodurch sich das Stuhlvolumen vergrößert. Gleichzeitig wird der Stuhl weich. Der Darm kann sich so regelmäßig und zügig entleeren. Präbiotika können helfen, wenn der Darm träge ist.
Zu den unlöslichen Ballaststoffen zählen Lignin oder Zellulose. Sie kommen vorwiegend in Getreide oder Hülsenfrüchten vor und sind für den Verdauungsvorgang ebenfalls wichtig. Diese Ballaststoffe werden von den Bakterien kaum abgebaut. Das Stuhlvolumen vergrößert sich also, dadurch ist mehr Bewegung im Darm. So kann er die Nahrung zügig durchschleusen und das nicht Verwertbare ausscheiden.
Neben Präbiotika ist immer wieder von Probiotika die Rede. Das sind Milchsäurebakterien. Gelangen diese Bakterien lebend in den Darm, sollen sie dort positiv wirken und angeblich sogar gegen chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa helfen.
Es gibt auch eine Vielzahl von probiotischen Nahrungsergänzungsmitteln in Form von Kapseln und Pulvern, deren Wirkung allerdings umstritten ist. „Es gibt keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege dafür, dass solche Präparate helfen“, sagt Riedl. Gut belegt ist dagegen, dass viel Bewegung hilft, den Darm auf Trab zu halten.
Neben Dingen, die dem Darm guttun, gibt es natürlich auch solche, die ihm zu schaffen machen: Wurst etwa oder rotes Fleisch wie Rind, Schwein oder Lamm, erklärt Wechsler. Was auch ungünstig ist: in der Hektik des Alltags schnell im Stehen zu essen.
„Im Idealfall isst man langsam und kaut gründlich“, erklärt Margret Morlo vom Verband für Ernährung und Diätetik (VFED). Auf eine ruckzuck zugeführte Nahrung reagiert der Darm manchmal gereizt, Bauchschmerzen oder Blähungen sind die Folge. Auch Aufregung und Stress tragen dazu bei, dass die Darmtätigkeit aus der Balance gerät.